Mittwoch, 30. April 2025

Bedrohungen

Der Grund, warum ich mich in den letzten Wochen aus den Medien herausgehalten habe:
Anfang April habe ich einen anonymen Drohbrief erhalten:


Bildbeschreibung: Ein computergeschriebener Zettel mit Text (unkenntlich gemacht), dazu eine 9mm-Patrone

Transparenzhinweis: Auf dem Bild habe ich Inhalt und Aufbau des Textes unkenntlich gemacht. Ich werde darin mit »Kollegenschwein« angesprochen. Die Aussage enthält eine Drohung mit Konsequenzen, wenn ich nicht aufhöre, mich zu äußern.

Dieses Schreiben erreichte mich in meinem unmittelbaren Privatumfeld. Also in meinem Safe Space, und das nicht nur metaphorisch, sondern wegen einer geschützten Wohnanschrift tatsächlich genau dort - an dem Ort, an dem auch meine Familie, meine Kinder, sich sicher fühlen sollen.

Offensichtlich bezweckt man damit, mich zum Schweigen zu bringen, da ich bei Fällen von polizeilichem Fehlverhalten oder illegitimer Polizeigewalt eben das nicht tue.

Und leider muss ich gestehen, dass mich dieser Vorfall zwar nicht verängstigt, aber doch stark verunsichert. Insbesondere die "Beilage" (es scheint sich um Echtmunition zu handeln) bedeutet eine starke qualitative Zunahme dessen, was ich seit Jahren an Einschüchterungsversuchen und Bedrohungen erlebe.

Und ja: vermutlich passt dies nur allzu gut in die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland, wo die Sprache verroht ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr und wo Taten den Worten folgen. Wo »Nie wieder!« nach Meinung Vieler nur ein »Vogelschiss« ist.

Doch von Rechts werde ich seit rund elf Jahren beleidigt, verleumdet und diffamiert. Was mich hier wirklich am meisten erschüttert, ist der Kontext zu meinem Beruf. Also die Möglichkeit, dass die Drohung aus den eigenen Reihen kommen könnte.
Bin ich schon seit vielen Jahren auf meinen Dienststellen stets eine - wohlwollend formuliert - in der Kolleg:innenschaft umstrittene Person gewesen, haben sich die Anfeindungen im unmittelbaren persönlichen Umgang auf das "übliche" Mobbingmaß beschränkt, also böse Blicke, nicht grüßen, übelmeinende Gerüchte über mich in die Welt setzen oder Türen vor meiner Nase zuschlagen.

Doch vor allem außerhalb meiner eigenen Dienststellen gab es seit Jahren immer wieder Menschen, die als Polizeikolleg:innen keinen Hehl aus ihrer starken Abneigung gemacht hatten:


Bildbeschreibung: Screenshot eines Postings auf Twitter, Text »Kollegenschweine konsequent ausgrenzen. (ovd)«

Transparenzhinweis: Auf dem Bild habe ich den Klarnamen und das Profilbild des Urhebers unkenntlich gemacht, um die Person nicht zu exponieren. Der Kollege (ja, es ist einer) hatte sich bei mir per Mail entschuldigt: es täte ihm leid. Allerdings erst nachdem er von einer Strafanzeige Kenntnis erhielt. Das Verfahren wurde eingestellt, da er dort plötzlich angab, er hätte mich gar nicht beleidigt und das Posting sei nur ein "Missverständnis". Justiz nickt ab.

Auch gab es oft mehr oder weniger deutliche Gewaltdrohungen bzw. öffentliche Bekundungen, die Gewalt gegen mich gutheißen:


Bildbeschreibung: Screenshot eines Postings auf Twitter, Text (sic) »@vonDobrowolski und dessen abgesonderten Kommentare hier - da fragt man sich schon irgendwie : wo ist die gewaltbereite, kriminelle ANTIFA, wenn man sie mal braucht ?«
 
Transparenzhinweis: Auch auf diesem Bild habe ich den Klarnamen und das Profilbild des Urhebers unkenntlich gemacht, um die Person nicht zu exponieren.

Diese Postings wurden übrigens alle nur Monate nach dem Mord an Walter Lübcke verfasst, der von einem Rechtsextremisten hingerichtet wurde, weil er eine menschenfreundliche Politik betrieb.
In diesem Kontext stieß mir damals auch das folgende Posting übel auf, in welchem ein der rechtspopulistischen Polizei-Bubble zuzuordnender Account öffentlich unter Bezugnahme auf ein Interview mit mir fragt: »Gibt es Niemanden, der ihn stoppt?!«



Bildbeschreibung: Screenshot eines Postings auf Twitter als Antwort auf einem meiner Tweets, Text (sic): »Erst ist die #Polizeifamilie ein Unwort (wird teils sogar von offiziellen Polizeiaccounts genutzt) und gleich im nächsten Tweet stuft er die #Polizei in derselben Stufe ein wie die Mafia. Es reicht! Das ist keine Kritik, er schadet der Polizei. Gibt es niemanden der ihn stoppt?!«

Tja, für mich irgendwie ein klassischer Fall von "How It Started ... And How It's Going".

Aber warum habe ich geschwiegen? Und warum melde ich mich jetzt (doch)?
Nun, einerseits habe ich die Angelegenheit selbstverständlich gemeldet. Deshalb wollte ich auch in der allerersten Zeit nicht den Eindruck aufkommen lassen, ich könnte durch die Einbeziehung der Öffentlichkeit die Ermittlungen stören. Außerdem hatte ich Sorge, dass mir ebendiese "Fans" gewiss vorwerfen werden, ich nutze den Vorfall nur, um mich als Opfer zu inszenieren. Aber diese Angst zerstreute sich zunehmend. Auch durch einen Kommentar eines ganz wunderbaren Menschen, dem ich mich in dieser Sache anvertraut hatte und der mich wissen ließ »Sollte irgendjemand einem Menschen, der eine Pistolenpatrone geschickt bekommt, "Opferinszenierung" vorwerfen, soll derjenige dringend zur Hölle fahren.«.

Auch nicht ganz unwichtig war mir die Veröffentlichung, weil Angriffe auf den von mir sehr geschätzten Journalisten Nick Potter und ähnliche Drohungen gegen einen jungen linken Politiker in Ostberlin das selbe Muster aufweisen: Menschen zum Schweigen zu bringen, die sich gegen Menschenfeindlichkeit einsetzen.
Das will ich so nicht akzeptieren. Niemals.

Allerdings will ich mich heute auch komplett ehrlich machen:
Ganz unabhängig davon machen mir die Nachteile, die ich im Dienst aufgrund meines Rufs als kritische Stimme erfahre, zunehmend Probleme. Exemplarisch schildere ich dies anhand von drei Beispielen nur aus den letzten zwei Jahren:

Nach einer rund einjährigen Episode mit einem freundlichen und wertschätzenden Dienstgruppenleiter bekam ich vor knapp zwei Jahren ganz plötzlich einen neuen Vorgesetzten. Dieser engagiert sich ebenso öffentlich zur inneren Sicherheit, allerdings politisch gänzlich anders verortet (was nicht schlimm ist). Direkt im ersten Gespräch ließ er mich seine Abneigung wegen meines außerdienstlichen Engagements spüren (was schon schlimm ist). Wirklich bitter wurde es aber, als er in weiteren Gesprächen ungebührlich und übergriffig über eine Person meines unmittelbaren Umfelds sprach und ich dann herausfand, dass er diese Person über Jahre hinweg belästigt hat. Ein von Amts wegen eingeleitetes Strafverfahren des LKA wurde eingestellt (womit ich leben muss und kann), aber die wirklich üble Entwicklung sollte erst noch kommen: Trotz meiner sofortigen und ausdrücklichen Bitte, von dieser Person wegversetzt zu werden, vergingen ganze 13 (in Worten: dreizehn) Monate, bis man mich endlich umgesetzt hat. Monate, die mir seelisch schwer geschadet haben.

Oder der Fall eines Dauerbeschwerdeführers, der sich zur Aufgabe gemacht hat, mich und andere als kritisch gelesene Polizist:innen in Deutschland zu stalken, zu diffamieren, zu beleidigen und x-fach bei ihren Dienstbehörden mit Beschwerden anzuschwärzen. Im übrigen selbst ein Polizist. Als wäre dies nicht unerfreulich genug, kam es auf Nachfrage des Petenten jüngst zu einer förmlichen Äußerung meiner Behörde an diese Person, die so interpretiert werden kann, dass ich ein bekannter Störenfried sei, gegen den fortlaufend und intensiv intern ermittelt wird und dessen öffentliche Statements einer dauerhaften Überwachung unterliegen.
Dies ist einerseits unwahr und andererseits hätte selbst wenn eine solche amtliche Äußerung aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und der behördlichen Fürsorge nicht stattfinden dürfen. Die Person hat den Inhalt des Schreibens im Internet veröffentlicht, somit war das Ziel aus meiner Sicht, meine kritischen Beiträge durch diese Maßnahmen zu unterdrücken, indem ich aus Sorge oder Verunsicherung künftig schweige. Ob mit Vorsatz oder "aus Versehen" - meine eigene Behörde beschneidet meines Erachtens somit mein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im außerdienstlichen Bereich.
Hiergegen gehe ich vor.

Und schließlich auch die wiederholte Unausgewogenheit, mit der Ermittlungen durchführt wurden, die einen Bezug zu meiner Person haben:
Bei diversen Straftaten, die ich als Geschädigter angezeigt hatte, landeten diese Verfahren regelmäßig zur Bearbeitung in so genannten Abschnittskommissariaten der Berliner Polizei. Dort werden Fälle der geringfügigen Kriminalität von Kolleg:innen ohne kriminalistische Fachausbildung verfolgt. Selbstverständlich führte keine der vielen Anzeigen zu einem Erfolg.
Im Gegensatz dazu wurde eine Ermittlung gegen mich aufgrund einer Anzeige durch einen Polizeibeschäftigten, der vielfach durch öffentliche rechtspopulistische Statements auffiel, beim Staatsschutz des Landeskriminalamts geführt, inklusive diverser strafprozessualer Eingriffe und eines 22-seitigen Ermittlungsberichts, in dem detailliert meine öffentlichen Meinungsäußerungen gelistet wurden.
Da der Vorwurf unbegründet war, wurden die Ermittlungen mangels Tatverdachts dann von der Justiz eingestellt.
Die Unterschiede bei den Eingriffsintensitäten sind frappierend. Die gesetzten Prioritäten kann ich schwer nachvollziehen.

All das waren meines Erachtens nur einige der Vorbeben für das, was ich momentan erlebe. Wobei die Angriffe von rechten Krawallmachern erwart- und beherrschbar sind. Der eigentliche Tiefschlag für mich geht von meiner Dienstbehörde aus, die nicht nur teilweise jede Fürsorge vermissen ließ, sondern Attacken gegen mich und/oder mein Umfeld bagatellisiert hat.
Die gegenwärtige Bedrohungssituation rundet diesen seit Jahren bestehenden Zustand ab.

Ich habe momentan viele Fragen, aber trotz schlafloser Nächte keine brauchbaren Antworten.


Freitag, 19. Juli 2024

Transparenzmitteilung: Parteiaustritt

Nach gut 13 Jahren bin ich zu Anfang Juli aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.

Zu den Gründen:

Seit fast genau so langer Zeit betätige ich mich als politischer Aktivist. Bekannter Maßen mit den Schwerpunkten Innere Sicherheit, Polizeithemen, Verbesserung der Sicherheitsbehörden und Rechtsextremismus.
Als Kanal zum Kommunizieren meiner Inhalte wählte ich zumeist soziale Medien. Und auch bekannt dürfte sein, dass der Wind dort nicht erst seit den Einflussnahmen von AfD-Menschen, Donald Trump, Elon Musk und ihren Wohlgesonnenen hart weht. Teils prasseln dort Shitstorms herab, oft wird mit unbarmherzigem Hass und mit eliminatorischen, kriminellen Vorgehensweisen agiert.

Mit Erleichterung war zu registrieren, dass Politiktreibende hierzulande einen zunehmenden juristischen Schutz erfahren. Schade nur, dass es hierfür diverser Übergriffe, Brandanschläge und Mord(-versuche) bedurfte...
Allerdings erstreckt sich dieser (strafrechtliche) Schutz nur auf mandatierte Politiker:innen. Die unglaublich hohe Anzahl der Ehrenamtlichen im außerparlamentarischen Betrieb bleibt weitestgehend schutzlos.
Auch ich habe erfahren, dass man in meinem Beruf sehr hart gesotten sein muss, wenn man für linksalternative Politik eintritt. Insbesondere die Verbindung zur grünen Partei hat zuletzt zunehmend Menschenfeind:innen getriggert und dazu veranlasst, mich und andere "grüne Polizist:innen" zu bekämpfen.

Twitter: Hass gegen "Grüne Polizei"

Ich selbst fand mich dann auch schon "am Pranger" in der Mitgliedszeitschrift der NPD:

            

Nun, ich habe bereits vielfach über all diese Anfeindungen geschrieben. Hier soll es ja um den Zusammenhang zu einer grünen parteipolitischen Betätigung gehen. Exemplarisch dazu:


Warum exemplarisch? Weil der Urheber dieser Mitteilung nicht nur Polizeikollege ist, sondern auch zwei Jahre mein direkter Vorgesetzter war. Weisungsbefugt und derjenige, der meine Beurteilung schreibt, meine Note festlegt. Und nun überlasse ich es einfach mal eurer Fantasie, wie sich das angefühlt hat und wie "neutral" er mit mir umgegangen ist...

Zurück zum Thema: in ähnlichen Fällen schützt einen meist (hoffentlich) der Arbeitgeber. Nicht so in meinem Fall, da die Polizei häufig nicht Teil der Lösung, sondern erheblicher Teil des Problems war und ist. Siehe Absatz zuvor.
Und einen Schutz oder eine deutliche Positionierung der grünen Partei, meiner Partei, habe ich leider ebenso nicht erlebt.
Und das bezieht sich u.a. sogar auf interne Anfeindungen, denen ich im letzten Jahr ausgesetzt war.
Dies ist schade, weil meine Parteizugehörigkeit - ohne mein Zutun - in Presseberichten und sogar im Klappentext meines Buches stets eine Erwähnung wert war und dieses Bild "grüner Vorzeigebulle" bewusst aufgebaut wurde. Im Ergebnis war es eine recht einseitige politische Beziehung.
Die öffentliche Verknüpfung meiner Person mit der grünen Partei hat mir dienstlich und mittelbar durch Mobbing und Bossing auch im privaten Umfeld schwer geschadet.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich der Organisation HateAid danken, die genau die genannte Schutzlücke für mich in einigen Fällen zu schließen vermag.

Die weiteren, nicht mit meiner Person zusammenhängenden Gründe für meinen Parteiaustritt möchte ich übersichtlich zusammenfassen:

  • Der bemerkenswerte Politikstil in einigen, wenn auch nicht allen Landesverbänden und -parlamenten, wo die grüne Partei die Regierung mitverantwortet. Ich meine vor allem die - bei aller Kompromissbereitschaft - anzutreffende Haltung, sich bei elementaren Fragen vom Koalitionspartner ausspielen, überrumpeln und an den Kindertisch verbannen zu lassen. Oder wenn man sogar in der Opposition Bissigkeit und Prinzipientreue vermissen lässt.
    Konkret:

  • Häufige für mich absolut nicht nachvollziehbare Positionierungen in Hessen, z.B. in Sachen Frankfurter PolizeiskandalHanau, NSU oder NSU 2.0.

  • Ein Tolerieren und späteres Relativieren verschiedener Fehlgriffe des Hamburger Senats, allen voran die Aufarbeitung des G20-Gipfels 2017 aka die "Polizeigewalt hat es nicht gegeben"-Festspiele des Olaf Scholz.

  • Im Fall der massiv angeprangerten und mit rechtswidrigen Maßnahmen überzogenen Polizeihochschuldozentin Bahar Aslan, in der sich nahezu die ganze Mediennation bemühte, unreflektiert auf Bahar einzuprügeln, hätte ich mir definitiv mehr rationale Einordnung und Rückendeckung seitens grüner Protagonist:innen erwartet.

  • Der parlamentarische Vorfall in Berlin, als es anlässlich einer Debatte über den fürchterlichen Mord an dem Mannheimer Polizeikollegen Rouven Laur zu einem schlechten Witz sowie Gelächter aus den Reihen der grünen Fraktion kam.
    Allein dieses Vorkommnis ist ein Musterbeispiel, wie das von einigen Menschen über etliche Jahre aufgebaute Vertrauen im Spannungsfeld Grüne <-> Polizei innerhalb von Sekunden vernichtet werden kann. Die interne Aufarbeitung hatte m.E. auch Luft nach oben. Die Folgen für grüne Polizist:innen waren und sind desaströs.

  • Die Abkehr von der grün nominierten, herausragenden Anwältin Seda Başay-Yıldız zur Besetzung offener Stellen im Berliner Landesverfassungsgerichtshof, die augenscheinlich nur auf Druck anderer politischer Kräfte im Parlament erfolgte. Hier hätte Anstand obsiegen müssen, statt einen erpressten Kompromiss einzugehen.

Ich habe mich damals für grüne Politik begeistert, weil ich sie für alternativlos hielt, um uns und unseren Nachkommen eine lebenswerte Welt zu ermöglichen. Mir war klar, dass gerade im Bereich meiner Kernexpertise Innere Sicherheit historisch erklärbar noch viele Unsicherheiten und Vorbehalte bestanden.  Ich versuchte, meinen Teil beizutragen, um dies zu verbessern. Jedoch hat es bei aller Entwicklung leider viel zu viele Rückschritte gegeben.
In Berlin wurde vor eineinhalb Jahren eine progressive linksliberale Landesregierung auch (oder vor allem) deshalb abgewählt, weil man einem offen rassistisch geführten Wahlkampf der Wahlgewinnerin nichts entgegensetzen konnte oder wollte. Tragisch deshalb, weil der Anlass ein innenpolitsches Thema war und mit vielen populistischen und desinformierenden Thesen argumentiert wurde. Verfangen konnte das auch deshalb, weil von grüner Seite seit ewig eine erstaunliche Furcht davor besteht, innenpolitisch Akzente zu setzen oder sogar Verantwortung zu übernehmen. Die Selbstverzwergung durch den Fokus auf zumeist rein ökologische Themen kann hier keinen Erfolg bringen!
Warum man in diesem Kontext auch die Expertise der vorhandenen Insider:innen aus der Polizei nicht oder nur kaum beachtet, ist mir vollends unerklärlich.

Eins möchte ich sagen: auch heute sehe ich zur grünen Politik bei allen Problemen keine tatsächliche Alternative an der Wahlurne. Insofern bleibt meine Treue ungebrochen.
Auch fühlte ich mich stets sehr inspiriert von herausragenden politischen Vorkämpfern auf allen Ebenen - kommunal möchte ich Urban Aykal erwähnen, meinen aktuellen Ordnungsstadtrat, auf Ebene der Landespolitik meinen lieben Bekannten Benedikt Lux oder auf Bundesebene das Gespann Annalena Baerbock und Robert Habeck. Annalenas Agenda von einer feministischen Außenpolitik ist grandios. Und Robert ist ein Jahrhundertpolitiker, dessen Charisma ich jeder und jedem einmal persönlich zu erleben wünsche.

Macht es gut.



Dienstag, 25. Juli 2023

Faschos, die queere Community, Twitter und ich

Mitten aus dem Urlaub melde ich mich wieder zu Wort.
Warum "wieder?"

Mein Hauptmedium, mein Lieblingskanal war und ist Twitter. Diesem Dienst habe ich viel zu verdanken, über Twitter habe ich eine Menge wunderbarer, warmherziger und solidarischer Menschen kennen gelernt. Viele sogar persönlich.

Wer sich offen positioniert und mit Klarnamen und Profilbild sowie Hinweis zum sonstigen Leben, also z.B. Arbeitgeber und Familie, auftritt, erlebt in sozialen Medien viel Hass. So auch ich. Gerade die von mir bearbeiteten Themen treffen in den letzten Jahren zunehmend auf die gesellschaftliche Polarisierung. Und die mental ärmsten Menschen, die nur allzu häufig einer vermeintlichen Gemeinschaft, einem Zusammenhalt der ebenso frustrationsintoleranten und aggressiven, verbal übergriffigen, Andersdenkende ausgrenzenden Gruppierung anhängen, diese Menschen nutzen die viele Freizeit ihres inhaltsleeren und traurigen Alltags dazu, Vertreter:innen einer bunten und vielfältigen Gesellschaft mit dumpfem Hass bewusst an den Rand und darüber hinaus zu drängen.

Die Übernahme von Twitter durch Elon Musk hat für eine weitere Enthemmung, für ein maßloses und vor allem weitestgehend strafloses Anschwellen dieses Hasses gesorgt.

Dass ich persönlich vor allem von stramm Rechts angefeindet werde, hat zu einem gewissen Gewöhnungseffekt geführt. Doch auch hier ist eine Qualitätssteigerung zu beobachten. Und nach wie vor betroffen machen mich Darstellungen, die nur so vor Dummheit strotzen. Oder vor Unverfrorenheit. Insbesondere einen Einsatz gegen das Vergessen der ungeheuerlichen Taten und der untilgbaren Schuld im Dritten Reich ständig zu diskreditieren, ohne jeden Anstand oder Anflug von politischer Intelligenz, das setzt mir stark zu. Denn in diesem Land wollte ich eigentlich alt werden, hier sollten meine Kinder unbeschwert und ohne Menschenfeindlichkeit geborgen groß werden.


Im letzten Jahr hatte ich, auch und vor allem wegen derartiger Daueranfeindungen, meinen Twitteraccount für einige Zeit deaktiviert. Die genauen Gründe kann man hier im Blog nachlesen.
Dies fiel zeitlich mit meinem Sommerurlaub zusammen, sodass es niemanden überraschen wird, dass ich mich tatsächlich besser erholen und von diesem Dauerbeschuss kurieren konnte durch diesen Schritt.
Dass ich Ähnliches auch in diesem Jahr erwogen hatte, ist daher eine Tatsache. Dass ich jedoch schon einige Tage zuvor den Schritt ging und sowohl Twitter als auch Instagram auf Eis legte, hatte dann aber doch andere Gründe:

Seit Jahren habe ich mich persönlich und im Rahmen meiner aktivistischen Tätigkeit für eine Verbesserung der gesellschaftlichen Beziehungen zur LGBTIQ*-Community eingesetzt. Habe das große Problem der Queerfeindlichkeit innerhalb der Polizei online und in meinem Buch thematisiert, habe schwulen Magazinen Interviews gegeben, wurde in queeren Onlinemedien zitiert.
Und ganz selbstverständlich habe ich auch als weißer Cis-Mann in den Sommermonaten, in denen allerorten Pride-Veranstaltungen stattfinden, ein Regenbogenarmband getragen. Auch und gerade mit voller Absicht im Dienst, quasi als Gegenmodell zu exkludierenden Insignien wie den Thin Blue Line-Armbändern, die man an so einigen Handgelenken von Kolleg:innen baumeln sieht.
Ich habe all das - wie gesagt selbstverständlich - getan, um Gräben zu überbrücken, um Solidarität und Zuspruch auszudrücken. Dass man mir gelegentlich (wie so häufig) Narzissmus und Berechnung vorwarf, um meine Ansätze zu diskreditieren... geschenkt. Und bereits vor zwei Jahren gab es bereits Widerstände auch aus der queeren Szene, wie ich damals online beschrieben habe.

In diesem Jahr sollte ich nun selbst Teil einer Veranstaltung innerhalb der queeren Szene sein, indem eine Lesung aus meinem Buch im Rahmen des CSD in Rostock geplant war. Dieser Auftritt musste dann aus organisatorischen Gründen recht kurzfristig abgesagt werden. Es hatte meines Wissens nichts mit meiner Person zu tun.
Fast zeitgleich aber erhielt ich erneuten, recht starken Widerspruch zu einem erneut auf Twitter als auch auf Instagram geposteten Soli-Beitrag zur queeren Community. Die Forderung "No Cops At Pride" - die ich schade finde, aber akzeptieren kann - flammte frisch auf. Darüber hinaus wurde ich im Kontext meiner Veranstaltungsabsage in Rostock auch persönlich angefeindet. Ich will und werde hier nicht sämtliche offen und per privater Nachricht eingegangenen Ausgrenzungen und Verunglimpfungen reproduzieren. Allerdings möchte ich der Wahrheit die Ehre geben, dass ich von der Heftigkeit und Vielzahl der Angriffe überrascht wurde. Ich habe über jeden einzelnen Kommentar lange und gut nachgedacht. Diese Zuschreibungen haben mich tatsächlich getroffen und schwer gekränkt.
Warum ist das so, wenn ich doch Hass und Ausgrunzungen in sozialen Medien schon so lange kenne?
Eben weil es aus einem Bereich kommt, der meine tiefe Sympathie besitzt und dessen Vertreter:innen meiner Erfahrung und Einschätzung nach über mehr Empathie und Feingefühl verfügen, als andere Menschen. Das dachte ich zumindest, denn diese Annahme sehe ich nun als revidiert an.

Als die Wortmeldungen zu mir (besser: gegen mich) und meinen Solidaritätsbekundungen innerhalb von Stunden immer mehr Fahrt aufnahmen, habe ich mich - in Ausführung meines oben beschriebenen vagen Plans einer Auszeit zur Urlaubsperiode - entschlossen, die Netzwerke zu verlassen. Dies nicht ohne Ankündigung und Darlegung meiner Betroffenheit.
Da ich also bis zur tatsächlichen Deaktivierung meiner Accounts noch abwartete, konnte bzw. musste ich diverse Verunglimpfungen und falsche Schlüsse zu meinem Schritt lesen. Vor allem, dass ich "bockig" und "kritikunfähig" sei und nun leichthin abhaue, statt mich der Kritik zu stellen. Oft las ich, dass ich nicht den Hauch einer Ahnung von der queeren Geschichte hätte, denn sonst würde ich nicht "zickig" auf den Gegenwind reagieren, sondern hätte die Ausgrenzung einfach hingenommen. Unter Betonung der Forderung, man möchte keine Polizei im Pride, wurde auch darauf hingewiesen, dass ich ja gern privat und ohne Uniform z.B. am CSD teilnehmen könne. Und genau dies indiziert das große Missverständnis, die komplette Verzerrung der Debatte bis dahin: ich hatte nie vor - wieso auch? - im Dienst an irgendeinem solchen Event teilzunehmen. Schon gar nicht in Uniform, weil ich genau weiß, wie das einige Mitglieder der Community triggern könnte. Das war nie der Plan und ich verstehe nicht, wie es zu so einer Darstellung kommen konnte. Das Streitgespräch hatte sich verselbstständigt und den Diskutierenden war es am Ende völlig egal, ob ich bestimmte Dinge tatsächlich gesagt, geschrieben o.ä. habe oder nicht.

Nachdem die Accounts vom Netz waren, folgte die Häme natürlich auf dem Fuße:




Und wer sich nun immer noch fragt, warum mich das alles so (ver-) stört:
Weil durch diese Angriffe, diesen Ausschluss durch eine Gemeinschaft, die sich für Gleichheit und Inklusion einsetzt, nur deren ureigenste Feinde als Gewinner hervorgehen.
Und der Beweis hierfür folgte zeitgleich. Ich habe unzählige hetzerische und schadenfrohe Replies und persönliche Nachrichten aus der rechten Ecke sowie von Mitgliedern der Polizeiblase erhalten. Tenor: "Na, wie fühlt sich das an, von denen verstoßen zu werden, denen man jahrelang den Arsch geleckt hat?"
Schade, bedenkt man, dass...
Der Tagesspiegel, Artikel v. 22. Juli 2023

Wie gesagt: die ganze Angelegenheit hat mich sehr verletzt. Nicht hauptsächlich aus Gründen des Ehrgefühls oder wegen mutmaßlich ausgebliebener "Dankbarkeit" oder Gegensolidarität (denn dies habe ich nie eingefordert und würde es auch nicht), sondern weil es einzig und allein die tatsächlichen Gegner von Vielfalt und Pluralismus stärkt und erfreut. Wenn sich die Guten untereinander zerfleischen, reiben sich die Menschenfeinde Popcorn kauend ihre braunen Klauen.
Und genau so viel Intelligenz und Begabung zu einer solchen Vorhersage hätte ich mir sehr von Menschen gewünscht, für deren Rechte auch ich streite.

Every one?

Die Konsequenzen für mich sind - nach nun wochenlanger Überlegung - unverändert: ich werde als Aktivist, der auch für eine queerfreundlichere Polizei und eine bessere Gesellschaft kämpft, nicht mehr an Veranstaltungen der Community teilnehmen. Auch ist mein Regenbogenarmband nun eingemottet und ich werde es nicht mehr tragen. Schade, denn ich habe damit immer sehr gern meine Solidarität zum Ausdruck gebracht, auch und gerade in Kombination mit der Uniform, zu der ich es bewusst nicht abgelegt hatte.

An dieser Stelle will ich mich auch bei Vertreter:innen der queeren Community bedanken, die sich offen innerhalb der Debatte für mich eingesetzt hatten oder deren Zuspruch mich per Direct Message oder E-Mail erreichte. Das bedeutet mir viel, ändert aber nichts daran, dass ich von den beschriebenen Anfeindungen zutiefst erschüttert bin.

Meinen Instagramaccount musste ich übrigens viel früher als geplant wieder aktivieren, da ich von dritter Seite darüber informiert wurde, dass eine (noch unbekannte) Person Identitätsdiebstahl betrieben hatte und ein Fake-Profil erstellte. Leider so überzeugend, dass sogar einige Veranstalter von Events, bei denen ich mitwirkte, auf dieses falsche Profil verlinkt hatten.



Nachdem bereits in der Vergangenheit mehrfach versucht wurde, meinen Twitteraccount zu hacken und zu inkriminieren, ist dies nun der erneute Beweis, dass mit vielen Mitteln versucht wird, mich zu demoralisieren und öffentlich zu diskreditieren.

Nichtsdestotrotz steht für mich fest, dass ich mich nicht von meinem Kurs, von meinem Kampf für eine bessere Welt, vor allem für eine bessere Polizei abhalten lassen werde.

Ich bin zurück. Einstweilen.





Samstag, 8. Juli 2023

Vorbei

Als kritischer Polizist, der seinen Laden verbessern will, wurde ich beleidigt, bedroht, verleumdet und nicht wenige haben meinen Tod herbeifantasiert.

Aber das kam zu allermeist aus der empathiebefreiten, ultrarechten Ecke. Und solche Menschen handeln eben häufig folgerichtig, wenn sie an ihrem dummen Hass beinahe ersaufen.
Was ich nun in den letzten Tagen jedoch erleben musste, das hat mich verstört und ziemlich überraschend viel stärker gekränkt, als es Faschos in ihren kühnsten Träumen erhoffen. Dass mich bedeutende Teile der queeren Community ablehnen und verurteilen, hat mich sehr getroffen. Solidarität kann einem zum Vorwurf gemacht werden, das weiß ich nun.
Einstweilen kann ich das alles nicht ertragen. Ich danke allen Menschen, die mir mit lieben Worten beigesprungen sind. Ich wünsche euch alles Gute.



Sonntag, 17. Juli 2022

Ein paar aktuelle Gedanken

An dieser Stelle, meinem Blog, melde ich mich die letzten Jahre eigentlich nur, wenn es etwas Besonderes zu berichten gibt.
Dieses Mal ist es nichts konkret "Besonderes". Es sollen nur ein paar Einblicke sein in meinen Alltag, der in den letzten Monaten stark von meinem Beruf und meinem aktivistischen, außerdienstlichen Engagement geprägt wurde.
Dass ich mich in einer Zeit melde, in der gerade wieder über neu enttarnte Chatgruppen innerhalb der Polizei berichtet wird, in denen rechtsextreme und menschenfeindliche Inhalte ausgetauscht wurden, eine Zeit, in der ein Bundeswehroffizier mit rechtsextremen, perfiden Tötungsplänen politischer Gegner seine Verurteilung entgegennahm - all das ist tatsächlich nur ein Zufall, der aber einiges darüber aussagt, wie es um die Sache steht, für die ich öffentlich kämpfe...

Und: viele Menschen fragen nach, wie es mir geht. Regelmäßig. Aufrichtig interessiert, manchmal besorgt.
Dafür bin ich sehr dankbar; diese Art der Wertschätzung bedeutet mir viel, denn ich habe mich vor Jahren bereits in einen Bereich begeben, der alles andere als eine Komfortzone darstellt.

Aber das wichtigste gern zu Beginn: die guten Nachrichten!
Seit dem 1. April und somit am Tage meines 24-jährigen Dienstjubiläums bin ich Mitarbeiter meiner Traumdienststelle.
Das habe ich mir quasi erarbeitet, denn dorthin konnte ich im Rahmen einer so genannten "Wunschdienststellen-Option" wechseln, welche ich durch mehrjährige Tätigkeit in einem früheren Dienstbereich erlangt hatte.

Ich arbeite nun im Südwesten Berlins auf einem Polizeiabschnitt, so nennt man in Berlin die Basisdienststellen der Schutzpolizei, die erster Anlaufpunkt der Bürger:innen sind.
Ich habe diese Wahl bewusst und wohl überlegt vorgenommen, denn dort kann ich meinem Wunsch nach Bürger:innennähe und Basisarbeit auf der Straße noch besser nachkommen als zuvor.

Die ersten Monate haben mich nicht enttäuscht. Ich bin hochzufrieden mit dem Arbeitsgebiet, habe tolle, engagierte und motivierte Kollegen und wunderbare, faire Vorgesetzte und die Arbeit macht so viel Spaß, dass ich am Ende so mancher 10- oder 12-Stunden-Schicht irritiert war, dass ich "schon" nach Hause musste.

Dann habe ich Ende Mai auch noch das Ehrenzeichen für besondere Leistungen im Dienst erhalten.
Das hat mich sehr gefreut. Aber ich schreibe hier davon aus einem bestimmten Grund - und lenke somit auch schon langsam über zur eher belastenden Thematik:
Nachdem es öffentlich wurde, erhielt ich vielfache Glückwünsche. Dafür meinen Dank. Allerdings haben viele der Gratulanten irrig angenommen, ich hätte diese Auszeichnung für mein Engagement für eine bessere Polizei erhalten.
Dies musste ich dann leider gerade rücken, denn dieses Ehrenzeichen erhielt ich gemeinsam mit Dutzenden anderer Kolleg:innen, weil wir zwischen 2002 und 2021 in Afghanistan Dienst taten. Ich will das auch nicht kleinreden und es ist eine nette Geste.
Aber es ist auch spannend, von der Innenbehörde geehrt zu werden, die noch im März medial kundtat:

Die Aussagen von Herrn von Dobrowolski entsprechen nicht der Realität und werden den vielfältigen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus von Polizei und Innenverwaltung nicht gerecht.

Es ging um ein Interview mit dem RBB anlässlich der Veröffentlichung meines Buches. Ich fand es schon bemerkenswert, dieses Statement zu lesen, da medial gerade wieder viel über rechtsmotiviertes Fehlverhalten von Polizist:innen in Deutschland allgemein und in Berlin im Besonderen zu lesen war.

Nun, und da wir schon bei dem Ehrenzeichen sind und gerade von politischem Engagement reden:
Im vorletzten Jahr wurde auch schon einmal ein Polizist derart ausgezeichnet. Sogar jemand, der in der Polizei-Blase auf Twitter kein Unbekannter ist. Seine Leistung: er ist gewerkschaftlich tätig für die populistische und rechtsoffene DPolG. Und nebenbei hetzt er gegen migrantisierte Menschen und Andersdenkende. Das war damals sogar dem Tagesspiegel eine Meldung wert:


Nun, jetzt seht ihr, warum mir die Erwähnung dieses Ehrenzeichens doch wichtig war. Denn es sagt gewiss einiges darüber aus, welches außerdienstliche Engagement als Polizist:in in Berlin goutiert wird und welches eher nicht.
Prioritäten. So wichtig.

In dem Zusammenhang möchte ich aber doch noch eine (gute!) Sache loswerden: Ende Februar kam es - im Kontext mit der genannten Medienberichterstattung über meine Buchveröffentlichung - zu einer Einladung in das Polizeipräsidium.
Die Frau Polizeipräsidentin und der Herr Polizeivizepräsident luden mich zu sich. Ich hatte ordentlich Puls, denn wie manche Beobachter:innen meiner Bemühungen wissen, verliefen in der Vergangenheit so einige Gespräche auf höherer Ebene nicht eben fair und vertrauensbildend.
Aber nicht so diesmal - zu meiner überaus positiven Überraschung hatten wir ein langes und ausführliches Gespräch zu dritt, in dem es um mein Engagement und meine Lösungsansätze ging, für die man ernsthaftes Interesse zeigte. Ich empfand diesen Termin als sehr wertschätzend und bin dafür dankbar.

Ansonsten verliefen die vergangenen Monate in Bezug auf meine öffentlichen Statements ähnlich wie die Jahre zuvor: ich erhalte viel Unterstützung und Rückmeldung von Menschen, denen meine Worte gerade im Kontext meiner beruflichen Stellung wichtig sind. Und diese Meldungen geben mir viel und schaffen es manchmal, den Akku wieder etwas zu füllen.
Ihnen entgegen stehen aber all die hasserfüllten, hetzenden und beleidigenden Antworten auf meine Tweets, auf Fotos auf Instagram oder auch direkt per Mail.


Einige beschweren sich auch regelmäßig, wie ich in Uniform am 9. November Stolpersteine putzen könne, das wäre ja politisch nicht neutral. Andere haben kein Problem damit, sich über diese Geste noch ganz anders lustig zu machen.



(Hinweis: die übelsten Nachrichten stelle ich hier nicht zur Schau, um sie nicht noch inhaltlich zu reproduzieren.)

Ich habe ehrlich gesagt aufgehört, diese Nachrichten zu zählen oder (wenn sie strafbar waren) zu melden. Die Quantität macht das nicht möglich.

Wenn ich oben schreibe, wie viel Zuspruch und Liebe mir durch die ganzen positiven und bestärkenden Nachrichten zuteil wird, dann ist dies ein wichtiger Anker für mich. Doch muss ich auch feststellen, dass so ein Candystorm es meist nicht vermag, die Shitstorms auszugleichen.
Vielleicht liegt es an mir und ich bin fehlerhaft gestrickt, bekomme keinen richtigen Fokus mehr hin. Der Selbstschutz ist nicht mehr in Ordnung...

Viele Menschen arbeiten sich an mir ab, weil sie einerseits meine Thesen falsch finden. Zunehmend wird mir aber auch Selbstdarstellungsdrang angedichtet, um mich und meine Positionen abzuwerten. Das ist ein bekanntes Muster, aber ich muss auch hier sagen, dass mich das nicht kalt lässt.
Kommen noch die üblichen Beleidigungen und Zuschreibungen hinzu (beispielsweise der Evergreen des "Nestbeschmutzers"), fühle ich mich schlecht. Es kränkt mich.



Dazu muss ich sagen, dass ich durch meine vielen Pressekontakte natürlich ein bestimmtes Bild von Journalist:innen und Medienschaffenden gewonnen habe in den letzten paar Jahren.
Und dieses Bild war gut. Es war sogar herausragend. Umso überraschter und auch schockierender war es für mich, im Frühjahr ein großes Portrait über mich im Stern zu lesen, welcher (ohne Rücksprache mit mir) nicht nur sehr krass getitelt hat...


...sondern auch inhaltlich ein Bild von mir gemalt hat, das mich zutiefst erschrocken und verunsichert hat. Es war die Rede von einem desillusionierten, getriebenen, ja gehetzten Menschen, der sich bei seinem Kampf für eine mutmaßlich bessere Sache aufreibt und kaputt geht.
Ich wusste natürlich von dem Bericht. Da es sich um ein Langzeitportrait von mir handelte, hatte ich mich mit dem Journalisten häufig getroffen und er hat mich mal bei alltäglichen Dingen in meinem Privatleben, mal beim Engagement für BetterPolice, mal im Dienst beobachtet. Wir haben uns prima verstanden und das fertige "Produkt" hat mich daher auch umso mehr getroffen.
Warum war das so, frage ich mich noch heute. Klar, ich hätte mir einen weniger düsteren Text gewünscht, der eher meine Ziele und das unbestrittene Verbesserungspotential der Polizei in den Fokus nimmt. Aber vielleicht hat es mich auch so getroffen, weil Vieles wahr ist? Denn meine Wirkung kann ich selbst nicht zureichend einschätzen, da leisten Außenstehende einen besseren Job...


Eine weitere Sache muss ich noch anbringen, denn sie ist es, die mir in den vergangenen Monaten am meisten zu schaffen machte:
Seit langem berichte ich auch öffentlich über Häme, Hass und Hetze, die mich vor allem im Internet trifft. Die exponierte Besprechung dieser Vorfälle hilft mir, denn so verarbeite ich das besser und die meist bestärkenden Kommentare geben mir Kraft. Doch all dies ist häufig Hatespeech von bösartigen, frustrierten, missgünstigen Menschenfeinden. Es ist quasi ihr Geschäftsmodell, andere anzuvisieren und mit Hass zu beschießen. Diese Umstände zu erkennen, macht das Verarbeiten all der schlechten Dinge einfacher.
Aber nur selten in all den Jahren meines aktivistischen Engagements (seit 2013) kamen die Menschen, die mich für meine Aussagen und Handlungen auf unsachlicher und persönlicher Ebene angefeindet hatten, aus meinem unmittelbaren sozialen Umfeld.
Dies sollte sich nun ändern, als auf einer früheren Dienststelle Missstände auftraten, zu denen einige Kolleg:innen (u.a. als Geschädigte) und auch ich nicht schweigen konnten und wollten.
Ich werde hier keine Details veröffentlichen. Vor allem weil meines Wissens die eingeleiteten Verfahren, zu denen auch ich Zeuge war, noch nicht gänzlich abgeschlossen sind.

Was sich nach Beginn der offiziellen Ermittlungen dann für einige Mitarbeitende und auch für mich zutrug, kann ich auch heute nur schwer begreifen. Eine ungeahnte Dynamik trat ein, befeuert von Gruppenprozessen wie Gerüchtebildung, Anfeindungen und Ausgrenzungen. Meine Person betreffend wurde die Legende erschaffen, ich allein hätte die Vorwürfe dramatisiert, zur Anzeige gebracht und würde diese im Sinne meiner Agenda ausschlachten, um meine Thesen voranzubringen. Mir wurde sogar offiziell vorgehalten, dass ich den Ruf intern und extern beschädigt hätte.
Solche Vorhalte machen mich nicht nur traurig und fassungslos, sie sind auch einfach falsch.
Es zeigt nur wieder, dass "derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher gilt als derjenige, der den Schmutz macht" (Kurt Tucholsky).
Und all das, obwohl ich mich in der Phase, als die Vorwürfe damals öffentlich wurden, nicht offen dazu geäußert hatte:


Aber mir wurde in den Monaten danach immer wieder fälschlich vorgehalten, dass ja ich derjenige wäre, der Interna an die Presse herausgibt. Der bewusst und gewollt das Image der eigenen Dienststelle beschädigt. Das sollte der Plot sein. Es ging den Leuten nicht um die tatsächlichen Probleme und Missstände, um die man sich vielleicht mit einer Portion Eigenkritik und einer Prise Demut kümmern sollte.

Den Vorfällen - zumindest bis zum Stand Sommer 2021 - habe ich auch einigen Platz in meinem Buch eingeräumt. Das war gut zum Verarbeiten. Nur wusste ich damals nicht, dass die richtigen Probleme erst noch beginnen sollten.

Was soll ich sagen... die akute Angelegenheit ist nun nach über acht Monaten immer noch nicht geklärt und wie ich neulich erfahren habe, wird bestimmten Mitarbeitenden dort, die mir noch nahestehen, nach gewissen Äußerungen von mir ohne schlüssigen Beleg eine Art "Mittäterschaft" zugerechnet. Das alles tut mir im Herzen und der Seele weh, dass man nun schon grundlos auf andere losgeht, nur weil sich diese nicht im Sinne eines Korpsgeistes von mir distanzieren. Sippenhaft 2.0.

Besonders unangenehm: Es ist belegbar, dass einige der Menschen, die mir von der früheren Dienststelle persönlich bekannt sind, im Kontakt und Austausch mit Angehörigen der Polizei-Blase stehen, die mich bereits seit Jahren im Netz diffamiert. Die Qualität der Anfeindungen wurde somit noch einmal gesteigert:

Über meine Person wurden in den vergangenen Monaten wahrheitswidrig diverse Gerüchte verbreitet. Die widerwärtigsten davon betreffen mein Familienleben, verleumden mich und greifen unmittelbar meinen privaten Frieden an.

Von Kolleg:innen wurde mir berichtet, dass andere Polizist:innen Fantasien austauschen, mir körperliche Gewalt anzutun.

Mehrere Journalist:innen haben sich an mich gewandt und um ein Statement zu der These gebeten, dass ich mit dem Wechsel auf meine neue Dienststelle "von der Behördenleitung strafversetzt wurde". Auch hier wird bewusst ein Narrativ geschaffen, das mich persönlich, meinen Leumund und meine dienstlichen Umstände angreift. Und die Wahrheit wird auf Links gedreht.

In den vergangenen Wochen kam es zu mehrfachen Versuchen, meine Social Media-Accounts zu hacken. Dies konnte durch technische Vorkehrungen bislang abgewehrt werden.

Man versucht also mit allen Mitteln, eine Stimmung gegen mich aufzubauen und schreckt auch vor abscheulichen Schritten nicht zurück.

Nie habe ich etwas anderes gewollt, als eine wichtige und herausragende gesellschaftliche Institution, die ich durch meine Tätigkeit mitgestalten darf, zu verbessern.
Es ging mir hierbei nie um Likes, Klicks oder Reichweite. Das Anwachsen meiner Followerschaft und somit auch meiner Popularität habe ich nie als Ziel gehabt. Ich habe dies ebenso wenig geplant wie das Schreiben eines Buches. Es waren immer andere Menschen, die mein Tun von der Seitenlinie verfolgt haben und mir - wofür ich dankbar bin - durch Hinweise, Feedbacks und Coaching den Weg gewiesen haben und dafür sorgten, dass all diese wunderbaren Dinge geschehen konnten und ich vielen Menschen etwas von dem verlorenen Vertrauen wiedergeben konnte.

Dass der Einsatz derart hoch ist, habe ich nie geahnt. Und glaubt mir, ich hätte da auch gern drauf verzichten können. Auf jede Aufmerksamkeit. Mein Nervenkostüm, mein Seelenheil und auch meine dienstliche Karriere wären heute sicher weitaus weniger beschädigt, hätte ich nie den Schritt in die Öffentlichkeit gewagt.

Was ich seit Jahren erfahre, vor allem aber - wie beschrieben - seit den letzten Monaten, ist für mich kaum erträglich. Es tangiert mein Privatleben und nimmt somit auch die Menschen in den Fokus, die ich am meisten liebe.

Die Kraft, die sich aus der Missgunst und dem Hass entwickelt, zerstört Menschenleben. Die Art und Weise, wie mit mir und anderen kritischen Menschen umgegangen wird, ist eliminatorisch.
Reihenweise ziehen sich Aktivist:innen aus bestimmten sozialen Medien und somit aus der Öffentlichkeit zurück und überlassen den Hetzer:innen das Feld.

Unter Hinweis auf meine aktuelle, sehr gute dienstliche Situation denke ich, auch diese Widrigkeiten meistern zu können. Die Wertschätzung und Fürsorge, die ich auf meiner jetzigen Stelle erfahre, ist beispiellos.

Nichtsdestotrotz hat mir die Zeit von letztem Herbst bis Frühjahr gezeigt, wie viel Kraft verbraucht wird durch Hass und Intoleranz.
Ich wünsche mir so sehr, dass wir als Gesellschaft endlich Wege finden, diese Spirale zu durchbrechen. Vielleicht tun sich genügend Menschen zusammen, um noch effizienter gegen Menschenfeindlichkeit vorzugehen.

Danke für eure Aufmerksamkeit.
Und nun habt einen guten Sommer, macht hier nichts kaputt und seid lieb zueinander.
💜✊🏼


Sonntag, 11. April 2021

Mein Rückzug aus der Berufsvereinigung PolizeiGrün

In eigener Sache:

Am 9. April habe ich die Mitglieder von PolizeiGrün informiert, dass ich zur am 10. April terminierten Vorstandsneuwahl nicht wieder antreten werde. Vielmehr ziehe ich mich von der Berufsvereinigung PolizeiGrün zurück.

Von mehreren Gründen, die hierfür den Ausschlag gaben, möchte ich nur einige nennen:
PolizeiGrün gibt es seit 2013. Seit 2014 hatte ich aktiv im Vorstand und in der Öffentlichkeitsarbeit mitgewirkt, seit 2018 als 1. Vorsitzender. Ich will daher einerseits gern den Platz frei machen für frische, ebenso motivierte Kolleg:innen. Persönlich fällt es mir sehr schwer, allerdings fürchte ich nichts mehr wie nordkoreanische Verhältnisse à la DPolG/Wendt.
Dieser Gedanke fiel zusammen mit der Einsicht, dass mein Ziel und die dafür gebrauchten Mittel vielleicht nicht so optimal zusammenpassen, wie ich mal dachte. Mein Ziel, das ist eine verbesserte, reformierte Polizei. PolizeiGrün war und ist in seinem kompletten Wirken etwas Gutes. Daher gehe ich auch ohne tiefen Groll und wünsche der Vereinigung, wie man so schön sagt, für die Zukunft alles Gute. Ich werde die Geschicke nun wohlwollend aus der Ferne verfolgen.

Was meine ich mit den nicht optimal passenden Mitteln? Nun, eines der größten Vereinsziele von PolizeiGrün war das Überwinden alter Vorurteile zwischen der grünen Partei und der Polizei. Und wenn man Gräben nicht zugeschüttet bekommt, dann baut man eben eine schicke Brücke drüber. Ich denke, das hat auch vielfach gut geklappt und gerade in der öffentlichen Wahrnehmung waren viele Menschen angenehm überrascht, dass es neben manch holzkopfigen, kritikabweisenden Law-And-Order-Sprech der großen Polizeigewerkschaften plötzlich auch eine kleine, alternative Gruppe von Polizeibeschäftigten gab, die vieles anders sehen. Und die mit dieser Sichtweise - so die Rückmeldungen - erreicht haben, dass manch eine:r wieder neues Vertrauen in die Polizei hierzulande gefasst hat.
Ich habe in Interviews oft gesagt, dass genau das uns von den großen Polizeigewerkschaften unterscheidet: sie machen (und das ist ja auch folgerichtig) knallharte Lobbypolitik für ihre zahlenden Mitglieder. Und da sich in der Polizei und somit unter diesen Mitgliedern auch eine Gruppe von Menschen befindet, die weniger rechtsstaatsliebend sind, Pluralismus und Vielfalt eher ablehnen und teils sogar menschenfeindlich agieren (über die Größe dieses Anteils lässt sich mangels Forschung - danke, Herr Seehofer! - spekulieren, nicht aber darüber, dass jede:r aus dieser Gruppe eine:r zuviel ist!), fungieren die Gewerkschaften zwingend auch als Resonanzkörper, als Verstärker dieser Gruppen. Das ließe sich zwar kompensieren, aber dafür bräuchte es lupenreine Bekenntnisse und glasklare Unvereinbarkeitsbeschlüsse. Und dass dies bei der DPolG nicht läuft und sogar bei der GdP zu internen Widerständen führt, haben wir alle gelernt. Allzu groß ist die Furcht, durch eine Distanzierung zum rechten Rand zu viele Beitragszahler:innen zu verlieren. So tragisch, so einleuchtend.
So gesehen war es stets ein immenses Pfund für PolizeiGrün, nicht dieser Möhre hinterherrennen zu müssen. Im Gegenteil, wir haben nicht stets reflexhaft ausschließlich die Perspektive von Polizeimitarbeitenden betrachtet - wir haben versucht, Augen und Ohren für die Menschen offen zu halten, die die Polizei kritisieren. Die Verbesserungsvorschläge haben. Die vielleicht selbst schon Geschädigte von polizeilichem Fehlverhalten wurden. Damit haben wir etwas getan, was eigentlich auch zu guter Polizeiarbeit gehört: Sinne und Geist offen halten, keinen festgefahrenen Standardsichtweisen hinterher hecheln und durch einen Perspektivwechsel Verständnis und ehrliche Opferschutzarbeit zulassen.
Tja, und trotzdem funktioniert eine Veränderung nie ohne diejenigen, um die es geht. Die Polizist:innen, die wir mit unseren Forderungen auch immer adressiert hatten. Denn auch uns war wichtig, trotz aller Kritik bei den teils ungeheuerlichen Enthüllungen der letzten Jahre nie zum Pauschalvotum ACAB zu gelangen. Denn dann hätte alle Mühe, jeder Reformgedanke keinen Sinn mehr gehabt.
Leider ist der Ballast, den eine grün-alternative Partei gut vier Jahrzehnte nach ihrer Gründung noch immer mit sich herumschleppt, größer als von mir einst befürchtet. In vielen Gesprächen mit Kolleg:innen stellte ich sehr zu meiner Freude eine große Übereinstimmung in den Werten und sogar bei der Anerkennung von strukturellen Problemen der Polizei fest. Ein Mitwirken beim Versuch, diese Missstände abzustellen, entwickelte sich jedoch nur in seltenen Fällen daraus. Einer herausragenden Akzeptanz der Bemühungen von PolizeiGrün in pluralistischen Teilen der Gesellschaft stand leider meist eine Ablehnung innerhalb der Kolleg:innenschaft gegenüber. Mit den Grünen möchte man nichts zu tun haben! X-fach wurden mir in Gesprächen olle Kamellen wie der Steine werfende Joschka Fischer oder der Terroristenanwalt Hans-Christian Ströbele vorgehalten. Für mich im Wortsinn der Beweis, dass die Polizei tatsächlich konservativ tickt. Davon, dass ein Robert Habeck tagelang Polizist:innen im Dienst begleitet hat, um ihre Sorgen und Nöte zu verstehen, dass die grüne Bundestagsfraktion gegen den unfassbaren Widerstand von CDU/CSU seit Jahren versucht, eine Besserstellung bei der Polizeibesoldung (Ruhegehalt) durchzubekommen oder dass sie als einzige Fraktion im deutschen Parlament einen eigenen, großen Polizeikongress durchgeführt haben, davon wollte nie jemand etwas wissen.
Was ich damit sagen will: ja, der Kampf mit einer als "grün" empfundenen Berufsvereinigung (denn ja, allein der Name weist überdeutlich darauf hin, egal wie sehr wir Parteiunabhängigkeit in der Satzung festgeschrieben haben) kann gelingen. Aber er wird härter und länger, denn er wird immer als ein Gesinnungskampf empfunden werden.
Auch deshalb habe ich mich entschlossen, der Berufsvereinigung PolizeiGrün nicht weiter vorzustehen.

Was wird nun aus mir? In den vergangenen zwei Tagen hat mich wegen meiner Entscheidung eine unglaubliche Menge an Nachrichten erreicht. Damit hatte ich nie gerechnet. Auch nicht, dass sie ausnahmslos positiv und bestärkend waren und viele ihre Dankbarkeit zum Ausdruck brachten.
In der internen Erklärung an die Mitglieder hatte ich auch dargelegt, welchen Preis ich für das Engagement der letzten Jahre bezahlt habe. Es gab und gibt Schmähungen, Beleidigungen, Verleumdungen, Anschwärzungen bei meinem Dienstherrn, Bedrohungen, Gewaltankündigungen und ja, auch richteten sich viele Hasskommentare gegen mein Leben. Als wäre dies alles nicht schlimm genug, musste ich leider auch feststellen, dass die Urheber dieser "Fanpost" nicht nur die üblichen Menschenverachter:innen aus der rechten Bubble sind, sondern häufig auch Polizeikolleg:innen. Und ja, es gab auch persönliche Anfeindungen und Bedrohungen im Dienst, wenn auch deutlich seltener. Denn meist mutiert der großmäulige Social Media-Löwe im realen Leben zum feigen Fluchttier.
Dass ich mit meinen Positionierungen auch Gegenrede und emotionalen Widerstand auslöse, war mir von Beginn an klar. Daher kann ich hier auch nicht die Rolle des schwer traumatisierten Träumers geben, dem alle Illusionen geraubt wurden.  Nichtsdestotrotz hat mich die Vehemenz, die Heftigkeit und die ungehemmte, beinahe brutale Verachtung, die mir oft entgegenschlug, sehr verstört und irritiert.
Da ich mich ausschließlich für Themen und Belange eingesetzt hatte, die auch meinen Beruf und somit meinen Arbeitgeber tangieren, sollte man eigentlich denken, dass dort ein Interesse darin bestand, die Abläufe nachvollziehen zu können oder den Mitarbeiter sogar zu schützen. Das dachte ich selbst ebenso. Immerhin war ich mehrere Jahre auch eins der öffentlicheren Gesichter der Polizei in meinem Bundesland. Habe u.a. viele Fernseh- und Radiointerviews gegeben zu polizeilichen Themen und zur Kriminalitätsentwicklung. War mehrere Jahre Teil des Twitter-Teams der Polizei Berlin.
Und in der Tat wurde ich vor einigen Jahren zum Gespräch gebeten, kurz nachdem ich die ersten Todeswünsche im Internet erhalten hatte. Ich hatte Beistand erwartet. Was ich mir anhören durfte, klang jedoch ganz anders. Ich sei ein Meinungsmacher und Unruhestifter, den man im Auge behalten wird. Dem man beim allerersten Fehlverhalten die Beine wegschlagen wird. Alles Zitate übrigens. Nett. Spätestens seit diesem Tag war mir klar, was ich von meinem Arbeitgeber noch zu erwarten hatte: nichts. Die Details zu diesem Gespräch werde ich an dieser Stelle nicht veröffentlichen, denn mehr als noch mehr Ärger und Ausgrenzung würde es mir nicht einbringen. Ich bringe diese Anekdote nur deshalb hier vor, da sie mein Dilemma, meine größte Seelennot verständlich macht: man hilft mir nicht. Nicht einmal die Institution, für die ich seit 23 Jahren tätig bin, ohne Disziplinarverstöße, ohne zu meinem Nachteil abgeschlossene Beschwerdevorgänge, dafür mit vielen Belobigungen und Auszeichnungen in der Personalakte. Nicht einmal dort erfahre ich zumindest Toleranz, wenn schon keine Akzeptanz.
Auch bei den skurilsten Anfeindungen bleibt es still, z.B. als zum Jahreswechsel die NPD ihren paar Tausend Mit-Nazis im monatlichen Parteimagazin auf einem ganzseitigen, mit meinem Bild geschmückten Artikel (Rubrik: "Am Pranger") die üblichen Klischees bediente, ich wäre ein Nestbeschmutzer und Verräter, dazu ein "waschechter Linksaußen-Agitator". Wäre doch schön gewesen, man fragt mich daraufhin Dinge wie "Wie geht es dir damit?" oder "Fühlst du dich sicher?". Aber nada. Manchmal befürchte ich, man muss einfach erst im mutmaßlich besoffenen Zustand mit dem Einsatzwagen eine junge Frau totfahren, um von der "Polizeifamilie" in schweren Zeiten Unterstützung zu erfahren...

Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass ich die gravierendsten Hassvorfälle der letzten Jahre stets zur Anzeige brachte. Die ermittelnden Staatsanwaltschaften hatten auch jeweils strafbares Verhalten erkannt, die Akten trotzdem jedes Mal geschlossen. Immer mit der Begründung, dass die oder der Täter:in nicht ermittelbar waren. Das übrigens auch in Fällen, in denen es im Internet zu Übergriffen auf mich durch offizielle Accounts einer politischen Partei (ja, die angebliche Alternative) oder eines polizeilichen Interessenverbandes kam.

Dieser Bericht aus meinem Alltag eines Polizisten, der sich außerdienstlich und ehrenamtlich der Verbesserung der Institution Polizei und der Vertrauensrückgewinnung vieler desillusionierter Menschen verschrieben hat, soll nur klar machen, was sich innerlich über die Jahre in mir aufgebaut hat. Und auch mein Privatleben schwer beschädigt hat.
Ja, es ist Frust. Auch Kränkung. Aber es ist auch viel Kraft und Energie, die ich aus den negativen Emotionen gewinne und versuche, in etwas Positives zu verwandeln.

Ich werde auch weiterhin kämpfen. Für eine bessere Polizei. Für Toleranz, für Vielfalt, für Liebe. Gegen Nazis und Faschisten, gegen Menschenfeinde aller Art.

Um die Bemühungen für eine reformierte Polizei noch effizienter zu machen, habe ich mich zur Gründung einer Initiative entschlossen, die nun nicht mehr nur Polizeimenschen zusammenfasst, sondern allen Individuen mit dem Wunsch nach besserer Polizeiarbeit und einer menschlichen Exekutive ein Mitwirken ermöglicht. Ich habe BetterPolice gegründet.

So können die dargestellten Ziele parteiunabhängig und im Rahmen einer größeren Strömung angegangen werden.
Ich freue mich über eure Mitwirkung. Meldet euch bei mir, wenn ihr eigene Ideen zu einer besseren Polizei einbringen möchtet.

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit!