Freitag, 19. Juli 2024

Transparenzmitteilung: Parteiaustritt

Nach gut 13 Jahren bin ich zu Anfang Juli aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten.

Zu den Gründen:

Seit fast genau so langer Zeit betätige ich mich als politischer Aktivist. Bekannter Maßen mit den Schwerpunkten Innere Sicherheit, Polizeithemen, Verbesserung der Sicherheitsbehörden und Rechtsextremismus.
Als Kanal zum Kommunizieren meiner Inhalte wählte ich zumeist soziale Medien. Und auch bekannt dürfte sein, dass der Wind dort nicht erst seit den Einflussnahmen von AfD-Menschen, Donald Trump, Elon Musk und ihren Wohlgesonnenen hart weht. Teils prasseln dort Shitstorms herab, oft wird mit unbarmherzigem Hass und mit eliminatorischen, kriminellen Vorgehensweisen agiert.

Mit Erleichterung war zu registrieren, dass Politiktreibende hierzulande einen zunehmenden juristischen Schutz erfahren. Schade nur, dass es hierfür diverser Übergriffe, Brandanschläge und Mord(-versuche) bedurfte...
Allerdings erstreckt sich dieser (strafrechtliche) Schutz nur auf mandatierte Politiker:innen. Die unglaublich hohe Anzahl der Ehrenamtlichen im außerparlamentarischen Betrieb bleibt weitestgehend schutzlos.
Auch ich habe erfahren, dass man in meinem Beruf sehr hart gesotten sein muss, wenn man für linksalternative Politik eintritt. Insbesondere die Verbindung zur grünen Partei hat zuletzt zunehmend Menschenfeind:innen getriggert und dazu veranlasst, mich und andere "grüne Polizist:innen" zu bekämpfen.

Twitter: Hass gegen "Grüne Polizei"

Ich selbst fand mich dann auch schon "am Pranger" in der Mitgliedszeitschrift der NPD:

            

Nun, ich habe bereits vielfach über all diese Anfeindungen geschrieben. Hier soll es ja um den Zusammenhang zu einer grünen parteipolitischen Betätigung gehen. Exemplarisch dazu:


Warum exemplarisch? Weil der Urheber dieser Mitteilung nicht nur Polizeikollege ist, sondern auch zwei Jahre mein direkter Vorgesetzter war. Weisungsbefugt und derjenige, der meine Beurteilung schreibt, meine Note festlegt. Und nun überlasse ich es einfach mal eurer Fantasie, wie sich das angefühlt hat und wie "neutral" er mit mir umgegangen ist...

Zurück zum Thema: in ähnlichen Fällen schützt einen meist (hoffentlich) der Arbeitgeber. Nicht so in meinem Fall, da die Polizei häufig nicht Teil der Lösung, sondern erheblicher Teil des Problems war und ist. Siehe Absatz zuvor.
Und einen Schutz oder eine deutliche Positionierung der grünen Partei, meiner Partei, habe ich leider ebenso nicht erlebt.
Und das bezieht sich u.a. sogar auf interne Anfeindungen, denen ich im letzten Jahr ausgesetzt war.
Dies ist schade, weil meine Parteizugehörigkeit - ohne mein Zutun - in Presseberichten und sogar im Klappentext meines Buches stets eine Erwähnung wert war und dieses Bild "grüner Vorzeigebulle" bewusst aufgebaut wurde. Im Ergebnis war es eine recht einseitige politische Beziehung.
Die öffentliche Verknüpfung meiner Person mit der grünen Partei hat mir dienstlich und mittelbar durch Mobbing und Bossing auch im privaten Umfeld schwer geschadet.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich der Organisation HateAid danken, die genau die genannte Schutzlücke für mich in einigen Fällen zu schließen vermag.

Die weiteren, nicht mit meiner Person zusammenhängenden Gründe für meinen Parteiaustritt möchte ich übersichtlich zusammenfassen:

  • Der bemerkenswerte Politikstil in einigen, wenn auch nicht allen Landesverbänden und -parlamenten, wo die grüne Partei die Regierung mitverantwortet. Ich meine vor allem die - bei aller Kompromissbereitschaft - anzutreffende Haltung, sich bei elementaren Fragen vom Koalitionspartner ausspielen, überrumpeln und an den Kindertisch verbannen zu lassen. Oder wenn man sogar in der Opposition Bissigkeit und Prinzipientreue vermissen lässt.
    Konkret:

  • Häufige für mich absolut nicht nachvollziehbare Positionierungen in Hessen, z.B. in Sachen Frankfurter PolizeiskandalHanau, NSU oder NSU 2.0.

  • Ein Tolerieren und späteres Relativieren verschiedener Fehlgriffe des Hamburger Senats, allen voran die Aufarbeitung des G20-Gipfels 2017 aka die "Polizeigewalt hat es nicht gegeben"-Festspiele des Olaf Scholz.

  • Im Fall der massiv angeprangerten und mit rechtswidrigen Maßnahmen überzogenen Polizeihochschuldozentin Bahar Aslan, in der sich nahezu die ganze Mediennation bemühte, unreflektiert auf Bahar einzuprügeln, hätte ich mir definitiv mehr rationale Einordnung und Rückendeckung seitens grüner Protagonist:innen erwartet.

  • Der parlamentarische Vorfall in Berlin, als es anlässlich einer Debatte über den fürchterlichen Mord an dem Mannheimer Polizeikollegen Rouven Laur zu einem schlechten Witz sowie Gelächter aus den Reihen der grünen Fraktion kam.
    Allein dieses Vorkommnis ist ein Musterbeispiel, wie das von einigen Menschen über etliche Jahre aufgebaute Vertrauen im Spannungsfeld Grüne <-> Polizei innerhalb von Sekunden vernichtet werden kann. Die interne Aufarbeitung hatte m.E. auch Luft nach oben. Die Folgen für grüne Polizist:innen waren und sind desaströs.

  • Die Abkehr von der grün nominierten, herausragenden Anwältin Seda Başay-Yıldız zur Besetzung offener Stellen im Berliner Landesverfassungsgerichtshof, die augenscheinlich nur auf Druck anderer politischer Kräfte im Parlament erfolgte. Hier hätte Anstand obsiegen müssen, statt einen erpressten Kompromiss einzugehen.

Ich habe mich damals für grüne Politik begeistert, weil ich sie für alternativlos hielt, um uns und unseren Nachkommen eine lebenswerte Welt zu ermöglichen. Mir war klar, dass gerade im Bereich meiner Kernexpertise Innere Sicherheit historisch erklärbar noch viele Unsicherheiten und Vorbehalte bestanden.  Ich versuchte, meinen Teil beizutragen, um dies zu verbessern. Jedoch hat es bei aller Entwicklung leider viel zu viele Rückschritte gegeben.
In Berlin wurde vor eineinhalb Jahren eine progressive linksliberale Landesregierung auch (oder vor allem) deshalb abgewählt, weil man einem offen rassistisch geführten Wahlkampf der Wahlgewinnerin nichts entgegensetzen konnte oder wollte. Tragisch deshalb, weil der Anlass ein innenpolitsches Thema war und mit vielen populistischen und desinformierenden Thesen argumentiert wurde. Verfangen konnte das auch deshalb, weil von grüner Seite seit ewig eine erstaunliche Furcht davor besteht, innenpolitisch Akzente zu setzen oder sogar Verantwortung zu übernehmen. Die Selbstverzwergung durch den Fokus auf zumeist rein ökologische Themen kann hier keinen Erfolg bringen!
Warum man in diesem Kontext auch die Expertise der vorhandenen Insider:innen aus der Polizei nicht oder nur kaum beachtet, ist mir vollends unerklärlich.

Eins möchte ich sagen: auch heute sehe ich zur grünen Politik bei allen Problemen keine tatsächliche Alternative an der Wahlurne. Insofern bleibt meine Treue ungebrochen.
Auch fühlte ich mich stets sehr inspiriert von herausragenden politischen Vorkämpfern auf allen Ebenen - kommunal möchte ich Urban Aykal erwähnen, meinen aktuellen Ordnungsstadtrat, auf Ebene der Landespolitik meinen lieben Bekannten Benedikt Lux oder auf Bundesebene das Gespann Annalena Baerbock und Robert Habeck. Annalenas Agenda von einer feministischen Außenpolitik ist grandios. Und Robert ist ein Jahrhundertpolitiker, dessen Charisma ich jeder und jedem einmal persönlich zu erleben wünsche.

Macht es gut.



2 Kommentare:

  1. Hallo Herr von Dobrowolski, Ihre Gründe kann ich als eigentlich-GRÜNEN-Wählerin sehr gut verstehen, Ihren Mut, immer wieder Mißstände bei der Polizei zu benennen und konstruktive Vorschläge zu machen trotz des massiven Gegenwindes finde ich bewundernswert, vielen Dank, bleiben Sie bitte mutig, dran und gesund! CC

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