Wer mich kennt, weiß um meinen Beruf und meine Ansichten.
Insofern war auch klar, dass der Anfang Juli stattfindende G20-Gipfel in Hamburg eine gewisse Herausforderung für mich bedeuten würde. Zumal jeder, der sich vorab mit der Thematik befasst hatte, Konflikte bei diesem Ereignis nicht nur für möglich hielt, sondern einfach davon ausging.
Der G20-Gipfel und der Einsatz der Polizei, soweit ich ihn bewerte
Neben meiner hauptamtlichen Beschäftigung arbeite ich nun bereits im zwölften Jahr auch als Konfliktmanager der Polizei Berlin. Im Frühjahr 2006 angefangen im Anti-Konflikt-Team (AKT), mittlerweile umbenannt in Kommunikationsteam (KMT).
Insofern war auch klar, dass der Anfang Juli stattfindende G20-Gipfel in Hamburg eine gewisse Herausforderung für mich bedeuten würde. Zumal jeder, der sich vorab mit der Thematik befasst hatte, Konflikte bei diesem Ereignis nicht nur für möglich hielt, sondern einfach davon ausging.
Der G20-Gipfel und der Einsatz der Polizei, soweit ich ihn bewerte
Neben meiner hauptamtlichen Beschäftigung arbeite ich nun bereits im zwölften Jahr auch als Konfliktmanager der Polizei Berlin. Im Frühjahr 2006 angefangen im Anti-Konflikt-Team (AKT), mittlerweile umbenannt in Kommunikationsteam (KMT).
Im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel - wie übrigens auch bereits zur "Generalprobe", dem OSZE-Gipfel im Dezember letzten Jahres - hat die Polizei Hamburg neben einer großen Zahl an Bereitschaftspolizei, Spezialeinheiten, Wasserschutz und Verkehrskräften auch Kriminalbeamte sowie Mitarbeiter von Kommunikationseinheiten zur Unterstützung angefordert.
Kommunikationsteams der Polizei beim G20; Quelle: Twitter @polizeihamburg |
So kam es, dass ich als einer von 30 Berliner KMT-Beamten am Dienstag, 4. Juli, morgens in die Hansestadt aufbrach.
Was sich in den kommenden Tagen in dieser schönen Stadt abspielte, war Gegenstand der weltweiten Medienberichterstattung. Insbesondere die bereits im Vorfeld kontrovers und mit mehrfacher Anrufung von Gerichten durchgespielte Diskussion um Übernachtungscamps für Protestler führte meines Erachtens völlig erwartungsgemäß zu einer Zuspitzung der Lage und gegen Mitte/Ende der Woche dann zu einem kompletten Kippen der Situation.
Die anlässlich des G20 in Hamburg geplanten Aktionen; Quelle: Twitter |
Die seitdem anhaltende, omnipräsente Nachbereitung der Ereignisse beherrscht nicht nur die professionellen Medien und Stammtische gleichermaßen, auch die sozialen Medien kochen über und drohen ob des Diskussionsdrucks zu bersten.
In der Hansestadt trafen wir neben Hamburger Konfliktmanagern auch auf Kolleg*innen aus Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.
Jedes Team hat natürlich eine eigene Einsatzphilosophie und taktische Vorgehensweise. Die ebenso unterschiedliche Ausrüstung und Uniformierung wurde zumindest grob kompensiert, indem wir alle die blauen Westen "Kommunikationsteam" aus Hamburg erhielten. Unterschiede bei der Kommunikationstaktik wurden derart aus der Welt geräumt, als dass wir uns der Hamburger Einsatzphilosophie unterordnen mussten.
Für mich persönlich war dies kein normaler und vor allem kein einfacher Einsatz.
Freilich wurde ich nicht wie viele Spezial- oder besondere Festnahmeeinheiten an "vorderster Front" eingesetzt, nachdem die Krawalle begannen. Zwar hatte ich neben meiner üblichen Schutzausrüstung auch meinen Helm mit, musste diesen jedoch nicht zum Schutz aufsetzen.
Nichtsdestotrotz vermischten sich meine höchstpersönlichen Impressionen mit den parallel verfolgten Twitterfeeds der Hamburger Polizei einerseits und der mutmaßlichen Gipfelgegner andererseits zu einem Gefühlspotpourri, das mitunter an Skurilität nicht mehr zu übertreffen war. Völlig klar, dass die natürlich mit den Kollegen geführten Debatten und die über Funk eintreffenden Erkenntnisse für zusätzliche Würze sorgten.
Wenn man dann noch den Blick gehoben hat und am bebauten Horizont dunkle Rauchschwaden über Altona und St. Pauli hochsteigen sieht, spätestens dann fragt man sich einfach: what the fucking hell mache ich hier eigentlich?!
Foto: eigenes |
Warum äußere ich mich jetzt eigentlich - genau zu diesem Zeitpunkt?
Nun, während des Einsatzes gärte es in mir. Aber ich bin Profi genug, die Dinge zu trennen. Dass ich als Teil dieses G20-Einsatzes, den die Polizei Hamburg als "Besondere Aufbauorganisation Michel" geplant und durchgeführt hat, nicht aus dem Geschehen heraus Stellung beziehen darf, muss klar sein. Eine grundsätzliche Neutralität in solchen Momenten ist Beamtenpflicht.
Nach Einsatzende - eigentlich schon während der Ereignisse - überschlugen sich Journalisten und Politiker mit Statements, Erklärungsansätzen und beginnenden Schuldzuweisungen.
So ziemlich jeder, der was zu sagen hat (und die anderen auch), äußerte sich zum Thema. Gerade nach dem Erscheinen von meiner Ansicht nach brillanten Texten - hier möchte ich auf das Nuf verweisen, "G20 und mein Verständnis von Demokratie" - fragte ich mich, ob es denn überhaupt noch was zu sagen gibt. Redundanzen sind ermüdend und daher nicht so mein Ding.
Mit den Tagen reifte jedoch mein Entschluss, trotzdem noch einmal ein eigenes Statement zu verfassen. Vor allem, weil die bisherigen Äußerungen primär von Journalistenseite und auch von Politiker*innen kamen. Polizeiliche Stimmen sind vorhanden, jedoch in Relation zu den rund 20.000 am G20 Mitarbeitenden der Polizei meiner Wahrnehmung nach deutlich unterrepräsentiert.
Im Ergebnis bewerte ich meine Einsatzimpressionen sowie den Blick auf die bis dato erfolgten öffentlichen Bewertungen wie folgt:
Dass in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland, das als führende Nation in verschiedenen Bündnissen zurecht Defizite beim Demokratieverständnis sowie den Bürger- und Freiheitsrechten in Staaten wie der Türkei, Ungarn und Russland anprangert, ein Gipfeltreffen mit derartigen Einschränkungen eben dieser Rechte einhergeht und sowohl die politische als auch die polizeiliche Führung einen Rückfall in vergangen geglaubte Zeiten praktizieren, ist unfassbar und beschämend.
Ich bin sehr traurig und verstört, gerade weil ich von Berufs wegen diesen demokratischen Rechtsstaat vertrete, verteidige und als eine große Errungenschaft unserer freiheitlichen Gesellschaft ansehe. Doch der verfehlte Umgang der Verantwortlichen mit Aspekten der Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen und auch der Umgang mit den Anliegen der Wohnbevölkerung und der Protestwilligen ist das eine. Nicht minder irritierend ist die teils populistische und im schlechtesten Sinne emotional geführte Aufarbeitungsdebatte vieler hoher Politiker*innen als auch so genannter journalistischer Leitmedien. Wie kann es angehen, dass nicht mehr verbriefte Grundrechte den Rahmen exekutiver Maßnahmen stecken, sondern das Bauchgefühl erzürnter Abgeordneter oder den Pressekodex mit Füßen tretender BILD-Journalisten?
Bei solch einer gigantischen mehrtägigen Veranstaltung mit tausenden Delegationsmitgliedern und erwarteten zehn- bis hunderttausenden Protestierenden – und auch die betroffene Wohnbevölkerung (sind ja nur ein paar Hunderttausend) sollte man nicht vergessen – und einer somit herausragenden Einsatzlage für die Sicherheitsbehörden kann natürlich eine Menge schief laufen. Und klar: Am Ende sind alle schlauer und es fällt leicht, klug daher zu reden. Aber in diesem Fall gab es genügend mahnende Stimmen im Vorfeld, gerichtliche Überprüfungen und konkrete Prognosen zu einem unfriedlichen Verlauf bei diesem Super-Gipfel im Großstadtdschungel. Leider ist wirklich verdammt viel falsch gelaufen, im Kleinen wie im Großen. Und ja: viele Dinge haben geklappt, wie z.B. der weitestgehend störungsfreie Transfer der Gipfelteilnehmer zwischen Messe/Innenstadt und Flughafen. Aber sorry, unter dem Strich kann dies nichts mehr rausreißen.
Viele entschieden sich für "Fuck You"... |
Was mich außerdem überrascht und ängstigt, ist die große Polarisierung bei der Bewertung der Angelegenheit. Viele Politiker betonen lautstark, welche politische Seite die miesesten Aktien bei G20 zu verantworten hat. Gerade diese Links-Rechts-Diskussion ist derart spekulativ und müßig, dass es wehtut. Jeder, der sich auch nur im Ansatz mit den Grundthesen eines friedlichen und gedeihlichen menschlichen Miteinanders identifiziert, kann doch allein zu der Einschätzung gelangen, dass Gewalt gegen Menschen, aber auch gegen Sachen absolutes No-Go sind und hierfür keine Rechtfertigung oder Entschuldigung vorliegt. Niemals und unter keinen Umständen, zumindest in unserem demokratischen Deutschland. Menschen, die unter welchem Vorwand auch immer diesen Grundsatz verwerfen oder auch nur in Frage stellen, müssen sich den Konsequenzen in vollem Umfang und nötigenfalls in voller Härte stellen. Dass Personen aus verschiedensten Gruppierungen oder Initiativen heraus wie Gewaltstraftäter agieren und dafür von manchen Unterstützern auch noch abgefeiert werden, finde ich abstoßend.
In diesem Sinne muss auch ich klarstellen: Diese Sichtweise ist unumstößlich, stellt aber trotzdem keinerlei Widerspruch zur Legitimation oder gar Erfordernis dar, staatliches Vorgehen anlässlich der Veranstaltung kritisch zu hinterfragen. Wie es vermehrt in den letzten Tagen so schön hieß: Ablehnung von Gewalt und angebrachte Polizeikritik schließen sich nicht aus.
Quelle: Facebook |
Die gesellschaftliche und politische Diskussion um die Gewaltausbrüche nehme ich als ausgesprochen hitzig und heterogen wahr. Der Streit wurde bislang sehr unversöhnlich ausgetragen. Gefährdet die Bewertung des Ereignisses gar die gesellschaftliche Geschlossenheit, wie unsere Demokratie mit dem Schlagabtausch der widerstreitenden Parteien umzugehen hat? Auf alle Fälle scheinen sich die Relationen und Dimensionen zu verschieben: Der Bund hat der Stadt Hamburg für die Bewältigung der Sicherheitslage 75 Millionen Euro zugeschossen. Die Bundeshauptstadt Berlin hat die längste Zeit für die Bewältigung der hauptstadtbedingten Sicherheitslage 60 Millionen Euro erhalten – für das ganze Jahr! Auch der Vergleich mit anderen Situationen, in der sich staatliche Anteilnahme in Zahlen ausdrücken lässt (bspw. die Entschädigungszahlungen für die Hinterbliebenen der NSU-Terrorserie) hinkt nicht nur unerheblich. Leicht kann hier der Eindruck entstehen: Wir wussten von Beginn an, dass es schlecht laufen kann. Nun ist es sogar mehr als schlecht gelaufen, lasst uns die verkohlten Barrikaden schnell entsorgen, die Eigentümer abgefackelter Autos und geplünderter Geschäfte schnell entschädigen und Schwamm drüber. Aber das fühlt sich nicht nur falsch an, so einfach ist es schlicht nicht.
Die Diskussion, ob ein solcher Gipfel überhaupt in einer Metropolregion hätte stattfinden dürfen (meine Auffassung: nein!) ist müßig. Aber in Hamburg hat man mit der Platzierung des Hauptgeschehens in unmittelbarer Nähe zum Kiez sowie mit dem Transferkorridor und der Allgemeinverfügung gezeigt, dass man schlechte Bedingungen durch falsche Herangehensweisen immer noch verschlimmern kann. Ich bin da ganz bei Justizminister Maas, der zumindest verspricht, dass sich so eine Konstellation auf deutschem Boden nicht mehr wiederholen wird.
Was die Polizeitaktik anbetrifft, haben mittlerweile fast sämtliche Rechtswissenschaftler und Polizeiforscher mit über dem Kopf zusammengeschlagenen Händen erklärt, dass das Vorgehen der Hamburger Polizeiführung nicht nachvollziehbar und hinsichtlich der Ausprägung schlicht falsch gewesen ist.
Hamburger Straßenbild 4.-8. Juli 2017; Foto: eigenes |
Ich jedenfalls bin der Meinung, dass die Exekutive den unumstößlichen Auftrag hat, unsere Demokratie und die in ihr lebende Gesellschaft zu schützen. Es gilt, unsere Verfassungswerte und moralischen Grundsätze zu verteidigen. Dass in vielen Menschen nun der Eindruck entstanden ist, gerade die Polizei hat in Hamburg unter Aufbietung ihres gesamten Werkzeugkastens die temporäre Aufhebung von Grundrechten ermöglicht und gestützt, ist gleichermaßen heftig wie fatal. Ob das formaljuristisch nun so war… ich bin Polizeibeamter und kein Rechtsgelehrter. Aber ich vertrete die Auffassung, dass allein schon der Verdacht eine schlimme Wirkung auf das Vertrauen in die Institution Polizei entfaltet.
Die Vorgehensweise eines Hardliners, der offensichtlich politisch genau in diese Richtung geschickt wurde, hat jahre- und jahrzehntelang mühsam erarbeitetes Vertrauen in die Polizei beschädigt, wenn nicht bei Einzelnen gar beseitigt. Es wurde wohl eine Einsatztaktik verfolgt, die im Vergleich zu anderen vergleichbaren Lagen (z.B. in Berlin) seit Jahrzehnten als überholt gilt. Die Polizei als Partner, als Freund und Helfer, als Bürgerpolizei? Nein. Hier wurde die ausgestreckte Hand zur Faust geballt.
Was mich besonders irritiert: Gerade die sich für ihre weltoffene, hanseatische Lebensweise gern selbst feiernde Stadt Hamburg („Das Tor zur Welt“) mit ihrer derzeit rot-grünen Regierungskoalition hat durch die Planung und Ausgestaltung dieses Events dafür gesorgt, dass nicht nur deutschlandweit, sondern auch international nicht mehr in höchsten Tönen von den Deutschen als Organisationsweltmeister geschwärmt wird, sondern vor allem die negativen Eindrücke haften bleiben.
Es würde mich nicht wundern, wenn die Nummer da in Hamburg der letzte Sargnagel für das Vertrauen in die Polizei ist.— Holger Klein (@holgi) 6. Juli 2017
Die Vorgehensweise eines Hardliners, der offensichtlich politisch genau in diese Richtung geschickt wurde, hat jahre- und jahrzehntelang mühsam erarbeitetes Vertrauen in die Polizei beschädigt, wenn nicht bei Einzelnen gar beseitigt. Es wurde wohl eine Einsatztaktik verfolgt, die im Vergleich zu anderen vergleichbaren Lagen (z.B. in Berlin) seit Jahrzehnten als überholt gilt. Die Polizei als Partner, als Freund und Helfer, als Bürgerpolizei? Nein. Hier wurde die ausgestreckte Hand zur Faust geballt.
Was mich besonders irritiert: Gerade die sich für ihre weltoffene, hanseatische Lebensweise gern selbst feiernde Stadt Hamburg („Das Tor zur Welt“) mit ihrer derzeit rot-grünen Regierungskoalition hat durch die Planung und Ausgestaltung dieses Events dafür gesorgt, dass nicht nur deutschlandweit, sondern auch international nicht mehr in höchsten Tönen von den Deutschen als Organisationsweltmeister geschwärmt wird, sondern vor allem die negativen Eindrücke haften bleiben.
Quelle: Tagesspiegel |
Vorwürfe der Polizeigewalt - hat die Polizei eine Sonderstellung?
Ein sehr schwieriges Thema, insbesondere für einen Polizisten. Nun, nicht schwierig dürfte die Feststellung sein, dass es Polizeigewalt definitiv gab. Sorry, Olaf Scholz. Aber die x-fachen Foto- und Videoaufnahmen von meist eindeutigen Situationen, in der keine denkbare Rechtfertigung oder Entschuldigung für körperliche Gewalt vorliegen kann, sprechen eine eindeutige Sprache. Hinzu treten die vielen persönlichen Berichte von Journalisten und Aktivisten, die bei ihrer Tätigkeit behindert oder auch angegriffen wurden, die gewiss nicht in Gänze erfunden sein können.
Große Teile der Polizei identifizieren sich seit einigen Jahren mit dem Slogan „Auch Mensch“, der von einer Polizeigewerkschaft initiiert wurde. Gemeint ist, dass Polizistinnen und Polizisten halt auch aus Fleisch und Blut sind, keine Exekutivroboter. Sie haben Stärken und Schwächen, machen auch Fehler. Grundsätzlich finde ich den Gedanken grandios, da er von der These der Unfehlbarkeit staatlichen Handelns abrückt. Allerdings stelle ich fest, dass „Menschlichkeit“ halt auch gern genommen wird, um nicht so gutes Verhalten zu entschuldigen. Kritikfähigkeit und Mut zur Analyse eigener Fehler sehen aber anders aus.
Die Frage, ob an einen Polizisten grundsätzlich höhere Anforderungen als an andere Menschen zu stellen sind, insbesondere im Vergleich zu Vertretern der „anderen Seite“, also im Polizeisprech die Adressaten der Maßnahmen bis hin zu Störern, beantworte ich mit einem klaren Ja.
Was verhaltenswissenschaftlich abläuft in extremen Einsatzlagen, ist kein Geheimnis. Selbst an anderer Stelle, z.B. im Sport, kann man das beobachten. Die neuseeländischen Rugbyauswahlspieler (New Zealand All Blacks) treten optisch martialisch auf und untermalen diesen Auftritt noch klangmäßig mit einer Art Kampfschrei. Ähnlich die legendären Auftritte des isländischen Fußballnationalteams bei der EM 2016. Hier wird mit dem Bild des Kriegers offen kokettiert.
Nicht verwunderlich, dass Polizisten dies wenig anders handhaben, haben sie im Vergleich zu den Sportlern sogar einiges Equipment, das dem Bild des „Kriegers“ noch mehr entspricht.
Trotzdem kann es nicht angehen, dass Polizisten sich einer Gruppendynamik hingeben, die im Ergebnis zu Schäden führt. Für einzelne Betroffene, für das Ansehen der Polizei und für den Rechtsstaat als Ganzes.
Quelle: Twitter |
Die Frage, ob an einen Polizisten grundsätzlich höhere Anforderungen als an andere Menschen zu stellen sind, insbesondere im Vergleich zu Vertretern der „anderen Seite“, also im Polizeisprech die Adressaten der Maßnahmen bis hin zu Störern, beantworte ich mit einem klaren Ja.
Was verhaltenswissenschaftlich abläuft in extremen Einsatzlagen, ist kein Geheimnis. Selbst an anderer Stelle, z.B. im Sport, kann man das beobachten. Die neuseeländischen Rugbyauswahlspieler (New Zealand All Blacks) treten optisch martialisch auf und untermalen diesen Auftritt noch klangmäßig mit einer Art Kampfschrei. Ähnlich die legendären Auftritte des isländischen Fußballnationalteams bei der EM 2016. Hier wird mit dem Bild des Kriegers offen kokettiert.
Nicht verwunderlich, dass Polizisten dies wenig anders handhaben, haben sie im Vergleich zu den Sportlern sogar einiges Equipment, das dem Bild des „Kriegers“ noch mehr entspricht.
Trotzdem kann es nicht angehen, dass Polizisten sich einer Gruppendynamik hingeben, die im Ergebnis zu Schäden führt. Für einzelne Betroffene, für das Ansehen der Polizei und für den Rechtsstaat als Ganzes.
Spucki im Hamburger Stadtgebiet; Foto: eigenes/Thx K.B. |
Auf Twitter las ich folgendes Statement: Auch ein Hirnchirurg kann nicht mitten in einer OP plötzlich mit den Instrumenten im Schädel des Patienten durcheskalieren, nur weil er dem hohen Druck gerade nicht gewachsen ist. Besser kann man das nicht sagen.
Auch wenn es mir schwerfällt und mir ggf. (wieder) den Titel „Kollegenschwein“ einbringt: Leute, wenn ihr Probleme mit der Stresstoleranz habt, dann nehmt die bestehenden Angebote (Verhaltenstraining, Einsatztraining etc. pp.) wahr oder sucht euch schlimmstenfalls eine andere Verwendung. Mit jedem ungerechtfertigten Schlag, mit jedem Rempler zerstört ihr Vertrauen, von den unmittelbaren Schäden mal ganz abgesehen.
Welche öffentlichen Aussagen waren an Schrägheit kaum zu überbieten?
Da gab es einiges zu vermelden:
Ein Gewerkschafts-Zombie entsteigt den Sümpfen und wagt sich erneut ins Rampenlicht. Ob Print, Online oder TV, plötzlich gerierte sich wieder ein Rainer Wendt von der DPolG als "Experte" und tat u.a. kund, wie sehr er mangelnde Fehlerkultur bei den (seines Erachtens) Verantwortlichen vermisst und forderte Rücktritte.
Angesichts der bigotten Vita dieses Herrn wirkt das alles wie knallharte Satire. Ist sie aber nicht, sagt mein Hirn und will daraufhin angesichts dieses paradoxen Bullshits implodieren.
Ganz oben auf der Liste verorte ich auch Wolfgang Bosbach, langjähriger Ausschussvorsitzender Inneres im Bundestag. Dass er sich unmittelbar nach den Krawallen in Hamburg auf n-tv derart in Rage redet, nur weil er von der Interviewerin nach einer möglichen falschen Polizeitaktik gefragt wird, spricht nicht eben für eine realitätsbezogene Wahrnehmung der Dinge. Vielmehr mag man hier dem eigenen Lager entsprechen und um Himmels willen nur nicht am Gewaltmonopolisten Polizei Zweifel anbringen. Aber hieße das dann statt „Auch Mensch“ nicht eher „unfehlbarer Polizeiroboter“?
Viele andere Politiker standen dem aber nicht viel nach. Wer Vergleiche der kriminellen Krawallmacher mit Terroristen anstellt, kann nicht bei Sinnen sein und verhöhnt gleichzeitig die Opfer und Hinterbliebenen tatsächlicher terroristischer Gewalt.
Welche Probleme hat der G20 noch aufgezeigt?
Seit geraumer Zeit, insbesondere nach dem US-Wahlkampf des vergangenen Jahres sind postfaktische Meldungen, alternative Fakten und Fake-News in aller Munde. Sehr erschreckend empfand ich während des Einsatzes in Hamburg, dass dort auch – und zwar von allen Seiten – mehr oder minder bewusst auf das Verifizieren bestimmter Meldungen verzichtet wurde. Die Rede war u.a. von Schädelbrüchen bei Demonstrierenden und Polizisten, Erblindung eines Einsatzbeamten oder auch von der Entwendung gleich mehrerer Dienstwaffen durch G20-Protestierende. Solche Falschmeldungen können eine fatale Wirkung haben. Allein schon, weil Einsatzkräfte bei diesen Stichworten eine ganz andere Eigensicherung vornehmen, die objektiv betrachtet dann vielleicht nicht notwendig wäre, das Gegenüber eher noch mehr reizt und somit kontraproduktiv wirkt.
Okay, Fake-News gibt es seit ewigen Zeiten und bereits im Weltkrieg wurde es bewusst als Desinformation des Feindes eingesetzt. Aber merkt ihr was? Wieder müssen hier bei einer polizeilichen Einsatzlage die Begriffe „Krieg“ und „Feind“ herhalten. Schlimm.
Welche Rolle spielt ein Einsatzleiter Hartmut Dudde?
Als Gesamtpolizeiführer des Einsatzes spielt Herr Dudde natürlich eine herausragende Rolle. Er verantwortet die Taktik der Polizei meines Erachtens nicht minder als sein Präsident oder auch der Innensenator Andy Grote.
Ein Gewerkschafts-Zombie entsteigt den Sümpfen und wagt sich erneut ins Rampenlicht. Ob Print, Online oder TV, plötzlich gerierte sich wieder ein Rainer Wendt von der DPolG als "Experte" und tat u.a. kund, wie sehr er mangelnde Fehlerkultur bei den (seines Erachtens) Verantwortlichen vermisst und forderte Rücktritte.
Angesichts der bigotten Vita dieses Herrn wirkt das alles wie knallharte Satire. Ist sie aber nicht, sagt mein Hirn und will daraufhin angesichts dieses paradoxen Bullshits implodieren.
Ganz oben auf der Liste verorte ich auch Wolfgang Bosbach, langjähriger Ausschussvorsitzender Inneres im Bundestag. Dass er sich unmittelbar nach den Krawallen in Hamburg auf n-tv derart in Rage redet, nur weil er von der Interviewerin nach einer möglichen falschen Polizeitaktik gefragt wird, spricht nicht eben für eine realitätsbezogene Wahrnehmung der Dinge. Vielmehr mag man hier dem eigenen Lager entsprechen und um Himmels willen nur nicht am Gewaltmonopolisten Polizei Zweifel anbringen. Aber hieße das dann statt „Auch Mensch“ nicht eher „unfehlbarer Polizeiroboter“?
Viele andere Politiker standen dem aber nicht viel nach. Wer Vergleiche der kriminellen Krawallmacher mit Terroristen anstellt, kann nicht bei Sinnen sein und verhöhnt gleichzeitig die Opfer und Hinterbliebenen tatsächlicher terroristischer Gewalt.
Welche Probleme hat der G20 noch aufgezeigt?
Seit geraumer Zeit, insbesondere nach dem US-Wahlkampf des vergangenen Jahres sind postfaktische Meldungen, alternative Fakten und Fake-News in aller Munde. Sehr erschreckend empfand ich während des Einsatzes in Hamburg, dass dort auch – und zwar von allen Seiten – mehr oder minder bewusst auf das Verifizieren bestimmter Meldungen verzichtet wurde. Die Rede war u.a. von Schädelbrüchen bei Demonstrierenden und Polizisten, Erblindung eines Einsatzbeamten oder auch von der Entwendung gleich mehrerer Dienstwaffen durch G20-Protestierende. Solche Falschmeldungen können eine fatale Wirkung haben. Allein schon, weil Einsatzkräfte bei diesen Stichworten eine ganz andere Eigensicherung vornehmen, die objektiv betrachtet dann vielleicht nicht notwendig wäre, das Gegenüber eher noch mehr reizt und somit kontraproduktiv wirkt.
Okay, Fake-News gibt es seit ewigen Zeiten und bereits im Weltkrieg wurde es bewusst als Desinformation des Feindes eingesetzt. Aber merkt ihr was? Wieder müssen hier bei einer polizeilichen Einsatzlage die Begriffe „Krieg“ und „Feind“ herhalten. Schlimm.
Welche Rolle spielt ein Einsatzleiter Hartmut Dudde?
Als Gesamtpolizeiführer des Einsatzes spielt Herr Dudde natürlich eine herausragende Rolle. Er verantwortet die Taktik der Polizei meines Erachtens nicht minder als sein Präsident oder auch der Innensenator Andy Grote.
Dudde: "Unmögliches möglich machen" - Ein Mann, ein Wort. Quelle: Hamburger Polizeijournal |
Als ausgemachter Hardliner ist er nun natürlich in besonderer Erklärungspflicht nach dem Scheitern einiger Grundzüge seiner Taktik. Dass er bei der ersten Pressekonferenz nach dem Einsatz von einem Erfolg sprach und mit der herangetragenen Kritik nichts anfangen konnte, indiziert vielleicht auch, dass er hierzu nicht in der Lage ist. Die bekannte polizeiliche Sozialisation unter einem Innensenator Ronald Schill, dem Gottvater aller Hardliner, und die darauffolgende steile Karriere nährt natürlich Annahmen, dass eben diese persönliche Geschichte ausschlaggebend für die letztendlich falsche, weil nicht mehr zeitgemäße Taktik war.
Quelle: Twitter |
Warum konnten die Kommunikationsteams der Polizei denn nicht mehr erreichen?
Weil es meines Erachtens der grundsätzlichen Linie entgegen gelaufen wäre. Schon vor Gipfelbeginn und Eintreffen der meisten Protestler und polizeilichen Unterstützungskräfte hat die Hamburger Polizeiführung Fakten geschaffen und hat einen konfrontativen Kurs eingeschlagen. Statt gezielter Kommunikation und Deeskalation hat man die Spirale eher in die andere Richtung gedreht. Dies hat es den Konfliktmanagern ungemein erschwert, auf Augenhöhe mit der Zielgruppe zu kommunizieren.
Unabhängig davon wurden die Kommunikationskräfte meiner Meinung nach nicht optimal eingesetzt. Da es sich auf der Tabelle der Gesamtkräfte aber prima liest, dass auch Kommunikationsteams im Einsatz waren, hat man aber natürlich nicht gänzlich auf diese Einsatzkomponente verzichtet. Nicht wenige sprachen daher auch von einem Alibismus, um den Schein zu wahren.
Stimmen denn die Vorwürfe, die Polizeikräfte wurden mies untergebracht und schlecht versorgt?
Die durch die (sozialen) Medien gegangenen Fotos und die von den Gewerkschaften verlautbarten Zustände sind wohl Fakt. Dies ist gerade in Hinblick auf die immens lange Vorbereitungsphase ein Unding und indiziert eine falsche bis desaströse Gewichtung der Planungsbemühungen. Dass Polizeikräfte aufgrund falscher Versorgungsdienstleistungen hungern und Durst haben, teils ununterbrochen im Einsatz waren, dort dann zusammenbrachen und in den winzigen Ruhepausen in kompletter Montur auf irgendwelchen Fußböden schlafen mussten, ist ein Skandal erster Güte.
Damit verglichen hatten meine Kolleg*innen und ich schon beinahe Glück. Wir waren in einem Hotel untergebracht. Allerdings stand dies bis zuletzt nicht als sicher fest und wir hatten erst bereits auf der Anfahrt davon erfahren, wo wir hin mussten. Zudem musste das Hotel einmal gewechselt werden und die Transfers von außerhalb der Stadt in die City hinein gestalteten sich schwierig, da wir keine festen Fahrzeuge zur Verfügung bekamen. Teilweise wurden die Strecken mit dem ÖPNV zurückgelegt. Die Versorgungsbeamten konnten die Verpflegung teilweise nicht durch die Stadt transportieren, da angeblich kein Durchkommen war.
Fazit: Da war leider viel Luft nach oben. Und da Defizite in diesem Bereich unmittelbar als ausbleibende Wertschätzung empfunden werden, war die Wirkung fatal.
The time after – was ist der Einsatz der Polizist*innen wert?
Etwas verwundert konnte ich zur Kenntnis nehmen, dass nach dem G20-Einsatz eine Art Wertschätzungs-Wettbewerb unter den Bundesländern ausbrach. Insbesondere nach den heftigen Ausschreitungen sahen sich die jeweiligen Landespolitiker in der Pflicht, Kompensation zu betreiben. Das Land Berlin erwog, allen am G20 beteiligten Einsatzkräften einen Tag Sonderurlaub zu gewähren. Kurz danach erklärte Hamburg, seinen Einsatzkräften drei Tage Sonderurlaub plus Wurst und Getränk bei einer gemeinsamen Nachbesprechung zu spendieren. Berlins Innensenator Geisel zog daraufhin nach und erhöhte ebenso auf drei Tage. Trotz der ausbleibenden Wurst sehe ich diese Geste als sehr positiv an. Es ist ein Zeichen von Wertschätzung, das ich so nicht erwartet hatte und das mich daher im Guten überrascht. Um die Spirale jedoch – dem Föderalismus sei dank! – noch weiterzudrehen, genehmigte das sächsische Innenministerium zwar „nur“ einen Tag Sonderurlaub, jedoch eine Einsatzprämie in Höhe von 500,- € pro Dienstkraft.
Einerseits: Wow! Andererseits: Schade. Denn haben Bremer Polizeikräfte nicht genauso viel Ausgleich und Wertschätzung verdient wie bspw. die Kolleg*innen aus dem Saarland oder eben aus Sachsen? Verrückte Welt.
Was bleibt?
Eine sicher wochen-, wenn nicht monatelange Aufarbeitung der Ereignisse in Hamburg und über die Hansestadt hinaus. Und in Zeiten polarisierender öffentlicher Debatten und aus Talksendungen flüchtender Politiker sicher auch eine Grundsatzdiskussion, welche Werte wir in unserer Gesellschaft als überlebenswichtig definieren und wie wir deren Verteidigung angehen wollen.
Und zuletzt ist allen wie auch immer geschädigten Menschen, egal ob Anwohner, Protestierende oder den vielen verletzten Polizeikräften, eine baldige und vollständige Genesung zu wünschen!
Und dass wir alle vielleicht etwas draus lernen werden…
Weil es meines Erachtens der grundsätzlichen Linie entgegen gelaufen wäre. Schon vor Gipfelbeginn und Eintreffen der meisten Protestler und polizeilichen Unterstützungskräfte hat die Hamburger Polizeiführung Fakten geschaffen und hat einen konfrontativen Kurs eingeschlagen. Statt gezielter Kommunikation und Deeskalation hat man die Spirale eher in die andere Richtung gedreht. Dies hat es den Konfliktmanagern ungemein erschwert, auf Augenhöhe mit der Zielgruppe zu kommunizieren.
Unabhängig davon wurden die Kommunikationskräfte meiner Meinung nach nicht optimal eingesetzt. Da es sich auf der Tabelle der Gesamtkräfte aber prima liest, dass auch Kommunikationsteams im Einsatz waren, hat man aber natürlich nicht gänzlich auf diese Einsatzkomponente verzichtet. Nicht wenige sprachen daher auch von einem Alibismus, um den Schein zu wahren.
Stimmen denn die Vorwürfe, die Polizeikräfte wurden mies untergebracht und schlecht versorgt?
Die durch die (sozialen) Medien gegangenen Fotos und die von den Gewerkschaften verlautbarten Zustände sind wohl Fakt. Dies ist gerade in Hinblick auf die immens lange Vorbereitungsphase ein Unding und indiziert eine falsche bis desaströse Gewichtung der Planungsbemühungen. Dass Polizeikräfte aufgrund falscher Versorgungsdienstleistungen hungern und Durst haben, teils ununterbrochen im Einsatz waren, dort dann zusammenbrachen und in den winzigen Ruhepausen in kompletter Montur auf irgendwelchen Fußböden schlafen mussten, ist ein Skandal erster Güte.
Damit verglichen hatten meine Kolleg*innen und ich schon beinahe Glück. Wir waren in einem Hotel untergebracht. Allerdings stand dies bis zuletzt nicht als sicher fest und wir hatten erst bereits auf der Anfahrt davon erfahren, wo wir hin mussten. Zudem musste das Hotel einmal gewechselt werden und die Transfers von außerhalb der Stadt in die City hinein gestalteten sich schwierig, da wir keine festen Fahrzeuge zur Verfügung bekamen. Teilweise wurden die Strecken mit dem ÖPNV zurückgelegt. Die Versorgungsbeamten konnten die Verpflegung teilweise nicht durch die Stadt transportieren, da angeblich kein Durchkommen war.
Fazit: Da war leider viel Luft nach oben. Und da Defizite in diesem Bereich unmittelbar als ausbleibende Wertschätzung empfunden werden, war die Wirkung fatal.
The time after – was ist der Einsatz der Polizist*innen wert?
Etwas verwundert konnte ich zur Kenntnis nehmen, dass nach dem G20-Einsatz eine Art Wertschätzungs-Wettbewerb unter den Bundesländern ausbrach. Insbesondere nach den heftigen Ausschreitungen sahen sich die jeweiligen Landespolitiker in der Pflicht, Kompensation zu betreiben. Das Land Berlin erwog, allen am G20 beteiligten Einsatzkräften einen Tag Sonderurlaub zu gewähren. Kurz danach erklärte Hamburg, seinen Einsatzkräften drei Tage Sonderurlaub plus Wurst und Getränk bei einer gemeinsamen Nachbesprechung zu spendieren. Berlins Innensenator Geisel zog daraufhin nach und erhöhte ebenso auf drei Tage. Trotz der ausbleibenden Wurst sehe ich diese Geste als sehr positiv an. Es ist ein Zeichen von Wertschätzung, das ich so nicht erwartet hatte und das mich daher im Guten überrascht. Um die Spirale jedoch – dem Föderalismus sei dank! – noch weiterzudrehen, genehmigte das sächsische Innenministerium zwar „nur“ einen Tag Sonderurlaub, jedoch eine Einsatzprämie in Höhe von 500,- € pro Dienstkraft.
Einerseits: Wow! Andererseits: Schade. Denn haben Bremer Polizeikräfte nicht genauso viel Ausgleich und Wertschätzung verdient wie bspw. die Kolleg*innen aus dem Saarland oder eben aus Sachsen? Verrückte Welt.
Was bleibt?
Eine sicher wochen-, wenn nicht monatelange Aufarbeitung der Ereignisse in Hamburg und über die Hansestadt hinaus. Und in Zeiten polarisierender öffentlicher Debatten und aus Talksendungen flüchtender Politiker sicher auch eine Grundsatzdiskussion, welche Werte wir in unserer Gesellschaft als überlebenswichtig definieren und wie wir deren Verteidigung angehen wollen.
Und zuletzt ist allen wie auch immer geschädigten Menschen, egal ob Anwohner, Protestierende oder den vielen verletzten Polizeikräften, eine baldige und vollständige Genesung zu wünschen!
Und dass wir alle vielleicht etwas draus lernen werden…
Foto: eigenes |
Ein guter Text, sagt er doch wir müssen alle gemeinsam Analysieren und schauen wie es das nächstemal besser und anderes geht.
AntwortenLöschenIch möchte Danke für diesen Artikel sagen.
AntwortenLöschenGruß, Roman Kolbe
Danke für Ihre Schilderungen.
AntwortenLöschenEigentlich war bei uns in der Familie lange vor dem Gipfel geplant, dass wir die Stadt verlassen.
Durch die Dehnungen des Rechts von Hernn Dudde und seiner Untergebenen im Vorfeld des Gipfels (Stichwort Entenwerder) und die effektive & pauschale Kriminalisierung aller erwarteten Demonstranten war die Flucht aus der Stadt für mich persönlich passeé. Als die Polizei begann das gesprochene Recht auszuheben war für mich eine Pflicht in Hamburg zu bleiben und alleine durch meine Anwesenheit dem Treiben des Duddes ein paar Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
Innensenator und Polizeiführung haben mich also tatsächlich, wie Sie in Ihrem Artikel vermuten, zur Solidarität mit dem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit, auf die Strasse getrieben.
Über die Gipfeltage habe ich jeden Tag ca. 10 Stunden Spaziergänge gemacht um mir einen eigenen Eindruck der Geschehnisse zu machen.
An den Gipfeltagen bin ich nach Hause gegangen wenn es dämmerte, da mir als Beobachter klar wurde, dass die Situation komplett aus dem Ruder gelaufen ist und niemand mehr Sicher ist. Weder vor besoffenen PartyKrawallos, die Flaschen werfen, noch vor übermüdeten und überforderten Polizeibeamten, die zwischen Anwohner, Partymensch, Schaulustiger, Pressevertreter, Krawallo und GewaltTourist nicht mehr unterscheiden konnten und teilweise auch in einen Prügel-Blutrausch verfallen sind.
Letztendlich habe ich durch meine 10 Stündigen Spaziergänge durch die Stadt dazu beigetragen, dass der Blick der Polizei vernebelt war. Andererseits habe ich es aber als meine Pflicht gesehen als Bürger gegen dieses Unrecht auf die Strasse zu gehen, welches sich die Lokalpolitiker (Innensenator Grote) und Polizeiführung (Dudde) einfach unlegimitiert genommen hatten.
Und ehrlich gesagt habe ich wegen meines Verhaltens auch kein schlechtes Gewissen, da die "Herausforderung" an mein Rechtsgefühl durch Herrn Dudde nicht von mir ausgegangen ist.
Es war meine Bürgerpflicht friedlich auf der Strasse zu sein. Und ich gehe davon aus, dass ich nicht der Einzige mit diesen Überlegungen war.
Ich habe Ihre Kollegen gesehen und es war ganz offensichtlich, dass sie teilweise an der Grenze des Möglichen waren. Was mich gewundert hat war, dass diese Polizisten nicht das Remonstrationsrecht in Anspruch genommen haben. Sie haben weiter gemacht und dabei evtl. durch Übermüdung, Stress & Adrenalin , der ein oder andere evtl. aus politischer Überzeugung (Zitat:"Du fängst dir gleich eine, Scheiss Zecke!"), das Bild des gesamten Berufsstandes verunglimpft.
Das Vertrauen wieder in die Institution Polizei zu finden ist für mich zumindest mit dieser Führung in Hamburg unmöglich.
Solange man der Meinung ist man habe alles richtig gemacht und kritische Fragen seien "Denunziation", muss ich den Eindruck haben, dass sich im Alltag nichts ändern wird und wir faktisch doch in einem Polizeistaat leben, der weder durch die Polizei selbst, noch durch die Politik kontrolliert wird.
Ich bin geschockt wie unsere Politiker momentan reagieren. Dass Sie um den eigenen Selbsterhalt, Parteien wie AFD und CDU stärken und durch Rhetorik, die teilweise an 33 erinnert, versuchen eine Aufarbeitung unmöglich zu machen. Kritische Fragen werden zur Solidarität mit den Plünderern verklärt. Das geht alles gar nicht und hat in meinen Augen recht wenig mit Demokratischen Verhältnissen zu tun. Es erinnert eher an Erdogan oder Trump.
Ich hoffe dennoch auf unsere Justiz als letzte übrig gebliebene Institution, dass Dinge, Sachverhalte und Verantwortlichkeiten in den kommenden Wochen und Monaten aufgearbeitet werden.
Vielen Dank für Ihre Worte, die in dieser Form dringend nötig waren.
(ein Gewerbetreibender aus der Schanze und Anwohner des Fischmarkts)
Vielen Dank für diese Innenansicht der Polizeiarbeit vor Ort und den Beweis, dass die Polizei eben doch nicht nur aus willfährigen und obrigkeitshörigen "Exekutivrobotern" besteht. Ich habe die Vorgänge um den Gipfel via soziale Medien und persönlichen Kontakten mit Bekannten vor Ort verfolgt und war gelinde gesagt schockiert über das, was speziell Politik und Einsatzleitung verzapft haben - mit erwartbaren und letztlich eingetroffenen Ergebnissen. Ich selbst bin Polizistenkind, wenn auch eher kritisch der Polizei als solcher gegenüber. Aber gerade diese Kritikfähigkeit und -möglichkeit muss es eben in einem Rechtsstaat geben können. Ansonsten ist es einfach keiner mehr.
AntwortenLöschenPuuh, echt lesenswert. Danke für diesen bericht. Es ist wirklich schwierig diese gemengelage zu ordnen. Vll. Noch interessant bei dem Absatz über polizeitaktik auf das police summiting hinzuweisen. Gibt es auch einen guten Artikel bei wikipedia.
AntwortenLöschenAuf sowas habe ich jetzt tagelang gewartet. Jemand von der Polizei der jenseits der betonierten Schützengräben mal reflektiert und es wäre zu wünschen gewesen, daß ihre Kollegen u. Kolleginnen von der Kommunikation mehr zu sagen gehabt hätten. Still not loving, aber Respekt. Hoffe es gibt jetzt keine Gruppenkeile.
AntwortenLöschenDanke :-)
AntwortenLöschenDie Verachtung für die Polizei ist erschreckend,wir alle sind in die Pflicht genommen.
AntwortenLöschenFaszinierend lang, faszinierend gut geschrieben. Kommunikativ definitiv den richtigen Arbeitsplatz ausgesucht. Weitermachen bitte!
AntwortenLöschenLieber Oliver*,
AntwortenLöschenich habe wenige grundsätzliche Prinzipien, die mein 30. Lebensjahr überdauert haben. Eines davon ist Pazifismus, ein anderes ist eine tiefe Grundüberzeugung dahingehend, dass Demokratie und staatliches Gewaltmonopol - unabhängig davon, wie fehlerhaft die Personen, welche beide Strukturen im Einzelfall ausführen, jeweils agieren mögen - der einzige Zustand ist, in dem ich leben möchte.
Eine Binnenausprägung meiner letzteren Überzeugung war immer ein gewisses Verständnis gegenüber jedem Menschen, der sich bereit erklärt, diese Verantwortungsverlagerung auf den Staat mit seinem Körper zu leben: Ich habe z.B als Fußball-Fan, Radfahrer oder in der Beobachtung von Demos in meinem Leben hier und da Handlungen von Polizisten erlebt, die ich nicht gut heißen kann. Ich habe mich bisher immer an den Grundsatz gehalten: Okay, war sicher scheiße, ist u.U. auch ein Arschloch, aber letztlich bist Du doch der Typ, der sich auf dem Rücken der Polizei einen faulen Lenz macht und keineswegs jede Woche eine Demo organisiert, damit die ordentlich ausgestattet und mit Respekt behandelt werden. Also komm mal runter (nach diesen Gedanken blieb manchmal immer noch Wut übrig, aber deutlich weniger - ich jedenfalls kann für mich sagen, noch nie einen Polizisten auch nur unhöflich angesprochen zu haben).
In den letzten Tagen begann meine Grundüberzeugung betreffend des Zusammenspiels von Demokratie und Gewaltmonopol kleine Risse auszubilden. Weil die Vertreter des ersteren ein Verhalten an den Tag legten, dass ich seit meiner Jugend überwunden geglaubt hatte. Ein Verhalten, das jede Anwendung des Gewaltmonopols per se für richtig erklärt - völlig losgelöst von dem Gedanken, dass es konkret vielleicht auch mal von einem Menschen angewendet wird, der ein Arschloch ist oder einfach nur gestresst.
Deinem Text ist es gelungen, diese Risse teilweise zu kitten. Was auch immer in Hamburg genau geschehen sein mag - ich habe dazu eine dedizierte Meinung, aber machen wir uns nichts vor, ich war nicht dabei -, solange ein Polizist diesen Text veröffentlicht, solange leben wir in einer Demokratie und solange wähne ich das Gewaltmonopol bei der staatlichen Exekutive gut aufgehoben.
Langer Rede, kurzer Sinn: Vielen Dank für diese ausgewogene Wortmeldung. Sie hat mir viel bedeutet.
*[das ist ja letztlich ein Blog, deswegen das Du; ich hoffe, das ist okay]
Hört hört, eine vernünftige Stimme. Mit dieser Einstellung wird man zwar nicht Polizeipräsident oder höchstrangiger Einsatzleiter, aber gut zu wissen das die vernünftigen Polizisten zu hören sind.
AntwortenLöschenWeiter so!
Danke für diese, Ihre, sehr reflektierten Worte! Und ja, mögen alle Seiten, alle Beteiligten aus den Geschehnissen lernen, kluge Schlüsse ziehen, auch wenn dafür über manchen Schatten gesprungen werden muss. Und möge im Rahmen der Aufarbeitung nicht zuletzt Recht und Gerechtigkeit zu ihrer notwendigen Gültigkeit verholfen werden.
AntwortenLöschenErst einmal Danke für diese Einschätzung.
AntwortenLöschenDas hilft mir ungemein bei der juristischen Bewertung des vorliegenden Videomaterials.
Ich war schon innerlich am verzweifeln ob der Frage, hat die Polizei vollständig den Boden des Grundgesetzes verlassen.
Was ich allerdings vermisse ist die Frage, weshalb ganz Augenscheinlich der §63 BBG in der Polizei ganz offensichtlich keine Bedeutung mehr hat.
VVielleicht können Sie dazu ein paar Worte aus Ihrer Sicht dazu beisteuern.
Vielen Dank für dieses Statement! Als ehem. Polizist bin ich entsetzt über das Verhalten der Kollegen und die völlige Unfähigkeit zur Selbstkritik und damit zur echten Aufarbeitung der Geschehnisse - und die Hetze vieler Politiker erwecken in mir den Eindruck, daß genau diese "Spirale der Gewalt" ganz bewußt provoziert wurde, um Wahlkampf zu betreiben - auf Kosten der Bevölkerung, der Hunderttausenden, die friedlich demonstrierten und letztlich auch auf dem Rücken der vielen Kollegen, die korrekt und gesetzeskonform ihren Dienst verrichten. Die künstliche Schaffung eines Heldenmythos -völlig an der Realität vorbei- trägt weiter zu einer Polarisierung und damit zur "gewollten?) Spaltung der Gesellschaft bei
AntwortenLöschenWow, das ist der erste Bericht von dem ich mich ausgewogen und unaufgeregt über die Geschehnisse informiert fühle. Von einem Polizisten! Chapeau! Sie sollten über eine Berufswechsel nachdenken. Die Journallie scheint es bitter nötig zu haben.
AntwortenLöschenUnglaublich! Aus der Froschperspektive in der sicheren Komfortzone eines Konfliktmanagers abgegebene Fundamentalkritik, die sich in keinem Punkt von der von ihm kritisierten inkompetenten Medien-, Politiker- und vermeintlicher Fachleuteschelte unterscheidet.
AntwortenLöschenUnerträglich!, wie ein kleiner Berliner Polizist sich anmaßt, anderen die G 20-Welt zu erklären und alle Führungsverantwortlichen als unprofessionelle Deppen darstellt.
Der Verfasser spricht ausdrücklich nicht für die Mehrzahl der Polizisten und insbesondere nicht für diejenigen, die ihren Dienst professionell und unter Einsatz ihrer körperlichen Unversehrtheit geleistet haben - anders als der Verfasser. Ich schäme mich für solche Klugscheißer!
Wenn Sie sich die Kommentare einmal genau anschauen und auch nur ein Fünkchen Selbstkritik besitzen, sollten Sie merken, dass 99% der Kommentatoren dem Verfasser dankbar sind und den Bericht ausgewogen und informativ finden. Wer ist hier der Klugscheißer???
LöschenPuh, ich bin froh, dass hier jemand ist, der weiß, was richtig und wer schuldig ist und was die Mehrzahl der Polizisten denkt und fühlt!
LöschenManche würden gerade in dieser "Froschperspektive" gegenüber der moralinsauren Debatte der Öffentlichkeit die Professionalität der Polizeiarbeit und ihrer Weiterentwicklung sehen – gerade weil es den Aspekt der Polizisten als Menschen ernst nimmt.
Kommentator,
Löschendie Bezeichnung "kleiner Berliner Polizist" zeugt davon, daß Sie ein kleiner bildzeitungsgeprägter Schwachkopf sind und in keinster Weise glaubwürdig im Gegensatz zum Verfasser des obigen Textes.
Vielen Dank für einen überlegten und differenzierten Artikel.
AntwortenLöschenEs tut gut, einen Beitrag zu lesen, der sachlich ist und fest auf dem Boden des Grundgesetzes argumentiert...
Das haben Sie ganz fantastisch analysiert und damit zur wichtigen Debatte beigetragen. Bravo. Schluss mit den Aftershowwahlkampf Auftritten unserer Politiker. Die wirken gerade alle sehr erbärmlich. Alles Gute!
AntwortenLöschenSehr geehrter Herr von Dobrowolski,
AntwortenLöschendieser Staat und die Polizei kann und sollte sich glücklich schätzen, dass dieser noch solche Beamte in seinen Reihen weiß. Denn Hand aufs Herz, wieviele der ca. 20.000 Beamten/innen sind willens und fähig ihr Handeln und das Geschehene zu reflektieren? 5%, 10% ... Genau. Wer in der Geschichte sich auskennt, der weiß nur zu gut, dass Unrecht war immer da Zuhause, wo es das große Schweigen und wegsehen gibt und gab.
Der Mensch ist in diesem Punkt ein widersprüchliches Wesen. JEDER will das diesem RECHT widerfährt. Aber bitte nur solange es um ihm selber geht. Und wenn es um andere geht ... ooch ....
Und gerade der G20 hat ungeachtet des Gipfels selbst doch eines wieder sichtbar gemacht. Die Gesellschaft steht in weiten Teilen heute wieder da wo wir 1933 waren. Da muss der Klassenfeind her. 1933 DER JUDE IST SCHULD ... 2016 DER ISLAM IST SCHULD ... 1933/2017 DIE LINKEN SIND SCHULD ...
Und genau das entlädt sich hier wieder. Haben wir aus der Politik mässigende Einflüsse gehört ... Ich nicht ...
Und jetzt kommt das absurde ... Interessiert die Mehrheit die Wahrheit? Ich sage NEIN, denn es geht nicht um richtig oder falsch ... Es geht um passt oder passt nicht.
Long story short ... Die Demokratie braucht Menschen wie Sie. Und eines ist in den letzten Tagen klar geworden ... die Demokratie hat seit G20 sehr gelitten. Ihr Beitrag ist einer der zur Heilung, Klärung und Versachlichung beitragen kann ...
Ich hoffe, er wird tausendfach geteilt ...
Ich habe über Tage in verschiedenen öffentlichen Medien die Berichterstattung über den G 20 verfolgt.Nach 4 Tagen war ich überzeugt,dass wir uns in Deutschland türkischen Verhältnissen anpassen.Das ein Beamter der Exikutive noch den Mut,hat sich so zu den Geschnissen in Hamburg zu äußern,läßt einen Rest Hoffnung aufkeimen.
AntwortenLöschenBravo. Diese Innenansicht war eine Wohltat, regelrechter Balsam für jemanden der Angesichts der eigenen Ohnmacht gegenüber einer außerhalb jeder Verantwortung, brutal agierenden Polizei zuletzt nur noch Verzweiflung empfunden hat.
AntwortenLöschentop! Schade, dass Sie nicht an einer Position sitzen wo Sie mit Ihren guten Analysen mehr Verbesserungsmaßnahmen bewirken können und stattdessen diese Plätze viel zu häufig von Unfähigen besetzt sind.
AntwortenLöschenIch wünschte es würde mehr Polizisten wie Sie geben! :)
AntwortenLöschenSchön geschrieben Olli und endlich mal jemand, der dies sachlich tut!
AntwortenLöschenDanke sehr!
ein Hamburger
Ich hätte nie gedacht das ich einen Bullen sowas sagen würde: respekt! Sie sind einen Lichtblick in unsere düstere Zeiten ;-)Esmeralda
AntwortenLöschenHerzlichen Dank für diese differenzierte Polizeisicht der Dinge! Wenn die Hamburger Polizeiführung und der Innensenator Ihre Sicht vor und während des G20-Gipfels gehabt oder beachtet hätte, wäre Vieles nicht derart eskaliert.
AntwortenLöschenEin freundliches Miteinander von Polizei und Demonstranten zu erreichen, um einerseits den Schutz des Gipfels, seiner Teilnehmer, der Hamburger Bürger, der Demonstranten und der Polizei zu gewährleisten und andererseits das Recht der Demonstranten auf friedliche Demonstration und Versammlung bestmöglich zu garantieren, wäre auch in Hamburg ein Versuch Wert gewesen.
Das hätte den Willen der Hamburger Polizeiführung vorausgesetzt, die Rechtsprechung des BVerfG (Brockdorf-Urteil) beachten zu wollen, wonach die Behörden "grundsätzlich versammlungsfreundlich" ihre Entscheidungen zu treffen haben. Ein solcher Wille lag und liegt dort bis heute nicht vor. Wer sich eine 38 qkm große Demonstrationsverbotszone einrichtet, ein (auch juristisches) Katz- und Mausspiel mit Campern, sowie die rechtswidrige Auflösung von Camps gönnt und schon mal vorsorglich den Einsatz aller polizeilichen Machtmittel im Fernsehen androht, dem geht es nicht um Artikel 8 GG oder um "Versammlungsfreundlichkeit", sondern um größtmögliche Abschreckung und Schikane. Dem genügt es, wenn das Primärziel, den Gipfel störungsfrei durchzuziehen, erfüllt wird. Der Rest fällt dem Primärziel zum Opfer, nach dem Motto, wo gehobelt wird, da fallen Spähne.
Nur dass diese "Spähne" auch Dinge wie die Versammlungsfreiheit der Menschen, der Schutz der körperlicher Unversehrtheit, Rechtsstaatlichkeit, das Vertrauen in die Polizei, deren Ansehen im Inneren und Äußeren und die Aussenwirkung solcher Bilder in einer deutschen Großstadt in der Welt umfassen.
Dass nach einem solchen Desaster niemand in der Polizeiführung und die jeweils verantwortlichen Politiker die fachliche und politische Verantwortung übernehmen, setzt dem Ganzen das Pünktchen auf's "i".
Und zum Schluss stellt sich die Frage, wo eigentlich die Bundeskanzlerin ist, deren Idee es war, im Wahljahr mit den Großen und Starken dieser Welt in vertrauter Runde schöne Bilder zu bekommen, und einen G20 Gipfel ausgerechnet im Kiez einer Millionenstadt abzuhalten, wenn statt schöner Bilder nur noch die Bilder von Gewalt und Gegengewalt, sowie brennender Autos und Barrikaden übrig bleiben? Abtauchen und Nichtssagen als politisches Überlebensmotto geht dann wohl über alles?
Ich danke dir für diesen Artikel. Was auhc immer dein konkretes Ziel durch diesen Artikel war. Bei einem etwas verzweifeltem jungen Linken hast du es geschafft, dass das grundsätzlcihe Vertrauen in die Polizei nicht den bach runter geht.
AntwortenLöschenDanke für den sachlichen Text un deiner Meinung dass der Krawal genauso wie die Polizeigewalt in einem satz kritiseirt werden können
Das Problem mit sog. Hardlinern ist, dass sie bis das der Zug an der Wand klebt, der Meinung sind alles im Griff zu haben. In Teilen geht das so weit, dass dezidierte Analysen und/oder Handlungsempfehlungen es gar nicht bis in den Sichtkreis auf ihrem Tisch schaffen. Meiner Meinung nach ist nicht nur die gewählte Einsatztaktik überholt sondern auch das Besetzungsverfahren von polizeilichen Führungsposten, was irgendwie nach alten Männern vom alten Schlage riecht.
AntwortenLöschenVielen Dank für diesen Bericht über die Ereignisse. Ihre Sicht zeigt, das Polizei = Mensch möglich ist. Fehler einzugestehen ist die Politik denen schuldig, die sich anständig verhalten haben und für demokratische Rechte einstehen.
AntwortenLöschenWow, vielen Dank, für deinen offenen und ehrlichen Bericht und der nüchternen Einschätzung der Lage. Kann ich alles zu 100% nachvollziehen und aus der Ferne unterschreiben.
AntwortenLöschenIch hoffe, dass du irgendwann mal befördert wirst, denn Leute, die reflektieren können, würden wir dringend in der Führungsriege benötigen. Leider ist das aber meistens der größte Karrierekiller ...
Mach weiter so!
BG
Robert
Dankeschön, sehr wertvoll. Eine weitere Beleuchtung udn Bewertung findet sich hier: https://www.kuechenstud.io/lagedernation/2017/07/13/ldn064-g20-gipfel-in-hamburg-sponsoring/
AntwortenLöschenHallo,
AntwortenLöschenguter Bericht mit ausgewogener, fairer und objektiver
Meinung.
Sincerely
www.StarfleetUpTo.date
Danke für diese Sichtweise. Auch ich bin G20-Gegner und war/bin empört über das, was sich bereits schon im Vorfeld an Repressionen (Campverbote Entenwerder etc.) abgespielt hat. Innensenator Grothe sprach ja von einem "Festival der Demokratie" . Auf mich hat das ganze eher den Eindruck eines Autokratentreffens mit Verhältnissen wie bei Erdowahn oder in Weißrußland gemacht. Zumal auch die Hamburger*innen nie gefragt wurden, ob sie dieses "Event" mit allen Auswirkungen ("Sicherheitszonen") überhaupt wollen, was eigentlich normal gewesen wäre. Qui Bono ?
AntwortenLöschenDanke für den guten Bericht! Schön, daß es noch Menschen in diesem Kuddelmuddel gibt, die zwar auf der einen Seite standen, doch auch dort nicht die kritischen Blicke erblinden liessen. Dieser Bericht beruhigt mich und gibt mir Hoffnung, daß die Polizei nicht nur zum Schutz der Reichen da ist, die eigentlich am wenigsten Geld für die Einsätze aufwenden!
AntwortenLöschenIch habe diesen Bericht auf Facebook geteilt und hoffe, wir lernen alle aus ihm!
Ich selbst bin eher der linken Seite zuzuordnen, auch wenn ich lieber unabhängig bleibe von irgendwelchen Himmelsrichtungen. Manchmal habe ich allerdings auch extreme Ansichten, jedoch, so hoffe ich, immer mit dem Blick auf den Menschen, nicht auf dumme Paroliererei.
Es tut wirklich gut Menschen zu treffen, die selbstkritisch und auch reflektiert über ihre Pflichten reden können, ohne sich der Angst zu ergeben, jemand könne ihren Kopf fordern.
Vielen Dank für Ihren Mut!
Vielen lieben Dank für Ihre Einschätzung und den Bericht aus Ihrer Perspektive!!!
AntwortenLöschenIhre Einschätzung sollte viel mehr in die Öffentlichkeit.
Ich finde es toll wenn sich Polizisten noch für demokratische Werte einsetzen.
AntwortenLöschenDanke für deinen Einsatz!
Danke!
AntwortenLöschenRespekt!
AntwortenLöschenBRAVO!!!!
AntwortenLöschenHaben Sie vielen Dank für diese Darstellung Ihrer Sicht!
Sie entspricht von Anfang bis Ende meinem eigenen Denken über die Situation.
Leider - und das werden Sie wahrscheinlich auch zu hören bekommen - ist besonnenes und reflektiertes Denken von vielen Menschen verpönt. Ja, es macht offensichtlich manch einem solche Angst, dass mit Agression darauf reagiert wird. Wir dürfen alle nicht zulassen, dass wir in diesen Sog von Hass und Agression hineingezogen werden.
Die Polizei unseres Landes hat in den rund hundert Jahren ihrer Existenz eine Entwicklung durchgemacht, die es zu erhalten gilt! Von der soldatenähnlichen Männertruppe hin zu dem "Freund und Helfer". Rings um den Gipfel hatte ich teilweise das Gefühl in einer Zeitmaschine um Jahrzehnte zurückgeschickt worden zu sein. Aber auch der Mob, der sich an seinen eigenen Agressionen förmlich berauschte, erinnerte mich an die Zeit Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts.
Das darf sich alles nicht wiederholen!
Ich wünsche Ihnen, dass Sie auf weit mehr offene Ohren und Anerkennung, als auf Ablehnung stossen! Die bisherigen Kommentare auf dieser Seite lassen zumindest hoffen.
Danke für diesen besonnenen Artikel, der mit zeigt, dass Polizisten genauso Menschen sind wie 'Du und ich'. Ich habe mittlerweile eine Schwiegersohn, der Polizist ist, und von dem ich nicht erwarten würde, dass er so 'übergriffig' werden könnte, wie in manchen Videos zu sehen ist. Aber da auch er nur Mensch ist, und es nur eine Gefahrensituation geben muss, wo es um das eigene Leben geht, könnte ich Verständnis dafür haben, besonders wenn schon mehrere Tag Stress angesagt ist.
AntwortenLöschenUnd genau aus diesem Grund: Ja, Hamburg war ein denkbar schlechter Veranstaltungsort.
Nun lässt sich fragen, warum dieser Ort ausgewählt wurde ... Was, wenn genau diese Situationen gewollt waren. Um das Volk weiter zu spalten, den Hass zu schüren, weitere Verschärfungen von Gesetzen zu erreichen, und und und, und das sowohl auf dem Rücken der Hamburger, der Demonstranten und genauso der Polizisten ...
Ich habe meine Sicht darauf, warum denn eine gute interne Kritik und Korrektur not tut -- wohl als Außenstehender! -- aufgeschrieben.
AntwortenLöschenhttps://medium.com/@konrad/ich-hab-polizei-e5414e312e17
Vielen herzlichen Dank für Ihre Sichtweise. Das bringt viel Vertrauen wieder!
AntwortenLöschendatauf habe ich gehofft, danke...
AntwortenLöschenDer Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
AntwortenLöschenDieser Text ist mehr wert als die Verlautbarungen der Polizeiführung und der Politiker. Leider wurde mein Vertrauen in die Polizei und Politik wieder einmal schwer erschüttert. Für manche Bereiche habe ich meine Kinder vor Polizeiaktionen gewarnt, daß sie mit gewalttätigen Ausschreitungen der Polizei, auch gegen unbeteiligte rechnen müssen. Sie sollen sich fernhalten, da die Polizei wenig differenziert und es mit dem Gesetz und den Bürgerrechten nicht so genau nimmt.
AntwortenLöschenDas geht von scheinbaren Lügen bis Aktenvernichtung, von Körperverletzung bis Rechtsbruch.
Ich schere nicht alle über einen Kamm, es gibt Polizisten die ihre Arbeit ernst nehmen und vernünftig ausüben. Aber, an wen gerät man unter Umständen?
Die Rechtsbrecher werden ja nicht unbedingt ausgesiebt sondern eher geschützt oder nur in den Innendienst verlegt.
Als unbeteiligter direkter Beobachter habe ich Dinge gesehen die Rechtsbruch waren. Die Polizei hat sich einfach geweigert meine Anzeige aufzunehmen, ist ja ein Kollege.
Polizisten müssen ihren Namen nennen? Wurde verweigert.
Unbeteiligte von hinten mit dem Knüppel niederschlagen? Ja, bestätige ich.
Es gibt so einiges das zeigt,Vertrauen per se ist nicht gerechtfertigt.
Ich hätte vor Jahren nicht gedacht dies einmal so schreiben zu müssen.
Vielleicht war es nur eine Illusion und die Realität umso deprimierender.
Man ist leider schon froh, wegen Kritik nicht Überwachung und Repressalien zur Folge haben.
Respekt für Ihre Worte! Vor allem die Missachtung geltenden Rechts macht mir ebenfalls Sorgen. Ich teile Ihre Einschätzung jedoch nicht, dass ein deeskalierendes Verhalten der Polizei bei G20 irgend etwas hätte bewirken können. Die ganze Konstellation, die Abriegelung einer Millionenstadt für ein paar Hohe Herren, dazu genehmigte Massenproteste in unmittelbarer Nachbarschaft, das MUSSTE eskalieren. Mit dem Wissen von heute glaube ich, es konnte von Vornherein nur um Schadensbegrenzung gehen. Und das darf ein Staat weder seinen Polizist/-innen noch mit seinen Bürger/-innen zumuten.
AntwortenLöschen„Auch wenn es mir schwerfällt und mir ggf. (wieder) den Titel ,Kollegenschwein‘ einbringt …“ Wenn Texte wie dieser dazu führen, als „Kollegenschwein“ tituliert zu werden, sollte es mehr „Schweine“ unter den Polizisten geben. (Dass ich das mal sagen würde …) Ich wünsche Ihnen die Kraft, das durchzuhalten. Ich habe mich schon oft gewundert, dass viele Polizisten lieber Gestalten wie Wendt oder Bosbach das Feld überlassen, anstatt selbst in den Ring zu steigen und für die eigene Sache einzustehen. Wenn der Druck aus den eigenen Kollegenreihen allerdings so hoch ist … In all den den Schwarz-gegen-Weiß-, Gut-gegen-Böse-, Links-gegen-Rechts-Diskussionen bleibt die Realität immer auf der Strecke. Und sie machen es verdammt schwer, sich nicht anstecken zu lassen, und sich stattdessen mit Themen differenziert auseinanderzusetzen. Ihr Text ist ein angenehmes Gegengewicht zu den diversen extremen Standpunkten – und eine große Hilfe.
AntwortenLöschenDanke dafür!
AntwortenLöschenJa, die Politik spaltet, und es ist die Frage, ob das Absicht ist?
AntwortenLöschenDie Entscheidung den G20 entgegen aller Warnungen dort zu machen, und zu meinen, daß dort durchsetzen zu müssen, ist der Ursprung des allgemeinen Desasters. Alles Andere ist Folge.
Diese Entscheidung spaltete die Polizei ins sich.
Diese Entscheidung spaltete die Demonstranten in sich.
Diese Entscheidung spaltete die Polizei vom Bürger.
Diese Entscheidung spaltete Teile der Polizei von der Politik.
Diese Entscheidung spaltete die Bürger zueinander.
Diese Entscheidung spaltete Teile der Bürger von der Politik.
Absicht? Man schaut in die Menschen nicht rein. Wenn es keine Absicht war, muß man von einem immensen Verlust zur Wahrnehmung der Wirklichkeit ausgehen. Wenn es Absicht war, dann kommt man nicht umhin den Entscheidern zerstörerisches Potential zu unterstellen. Welches von Beidem schlimmer ist, ist eigentlich egal. Beides hat seinen Anspruch verloren in einer verantwortungsvollen Position zu verbleiben.
Weitsichtigkeit muß keine Krankheit sein.
Vielen Dank für diese erfreulich objektive Einschätzung eines Polizei-Insiders! Jetzt hoffe ich nur, dass der Text für Sie keinerlei Repressalien nach sich zieht.
AntwortenLöschenSo möchte ich eine wirklich ehrliche Meinung aus allem erlebten, hören oder lesen. Selbstkritik aus beiden Lagern. Eine kritische Aufarbeitung, so das wir alle hier lebenden Menschen daraus lernen können ohne Drohkulissen aufzubauen. Ich bin schockiert von der Kurzsichtigkeit und den vorschnellen Äußerungen. ..ich glaube sie haben es nicht einfach, sind aber an der richtigen Stelle. Danke
AntwortenLöschenDanke, guter Artikel. Toll selbstkritik sollte deine Kollegen zum Nachdenken anregen.
AntwortenLöscheneine unfassbar gute abhandlung der situation. durch ihren artikel wird gezeigt, dass es bei der polizei "doch noch" menschen gibt, die in weitem umfang denken und umfassend gebildet sind, kritisch sind und so zur deutlich möglichen verbesserung der gesamtsituation beitragen. sie haben meinen grössten respekt - ein hoch auf _solche_ polizisten. sie sind für mich, schon alleine aufgrund dieses artikels, schnellstens auszuzeichnen. danke für diesen ehrlichen, mutigen, seriösen und vor allem wahren artikel. ich hoffe inständig, dass dieser nicht zu repressalien an ihnen führt, ist die kritik, auch wenn vollstens als realistisch einzustufen, doch zu grossen teilen in die eigenen reihen adressiert.
AntwortenLöschenFalls die Polizei nicht dümmer geworden ist, als sie erlaubt, ist davon auszugehen, dass die zuständigen Innenminister und Polizeichefs wissen, was sie tun.
AntwortenLöschenNachdem jeder sehen kann, dass der "Schutz der demokratischen Gesellschaft" mit dieser Art von obrigkeitlichem Vorgehen nix zu tun hat, ist davon auszugehen, dass diejenigen, die die Befehle an die Polizisten ausgeben, mit "Demokratie" usw. nix am Hut haben. Nazi 2.0, würde ich sagen, ohne Hakenkreuz, natürlich ...
Zitat: "... Trotzdem kann es nicht angehen, dass Polizisten sich einer Gruppendynamik hingeben, die im Ergebnis zu Schäden führt. Für einzelne Betroffene, für das Ansehen der Polizei und für den Rechtsstaat als Ganzes..."
AntwortenLöschenAber ich bitte Sie! Irgendwo in Ihrem Artikel steht, dass Polizisten auch nur Menschen sind und keine Roboter.
Jetzt von einigen wenigen auf den kompletten Rechtsstaat zu schließen, scheint mir ein wenig überzogen. Das sollten wir dann den Politikern überlassen. Sie brauchen doch nur mal in eine gut besuchte Einkaufspassage zu gehen und Ihr Kind zu verlieren. Selbst bei 2 m Körpergröße fällt es schwer, den Überblick zu behalten und die tatsächliche Situation fair zu bewerten, weil bei Menschen Emotionen eine wesentliche Rolle spielen.
Sicherlich sind Polizisten geschult, in brenzligen Situationen Ruhe zu bewahren - nehme ich jedenfalls an. Aber wie Helmuth von Moltke bereits irgendwann im 19. Jahrhundert bemerkte: kein Plan überlebt den ersten Feindkontakt. Es fängt doch bei den meisten Menschen damit an, den 'inneren Schweinehund' zu besiegen und ins Fitnessstudio zu gehen. Unabhängig vom Berufsstand. Daraus ein "Deutsche sind faul" zu formulieren .. nein, also das konnte ich einfach nicht so stehen lassen.
Danke für den ansonsten sehr informativen Beitrag.
Lieben Gruß und Danke, dass Sie Hamburg beschützt haben.
Gut, dass auch polizeiliche Mitarbeiter vorhanden sind, die derart differenziert Analysieren.
AntwortenLöschenSchade, dass - so mein persönlicher Eindruck - ein Großteil der polizeilichen Mitarbeiter dazu nicht in der Lage ist.
Wer immer aus dem inneren Kreis hierzu "Kollegenschwein" äußert, oder sich entsprechend verhält, ist selbst die schlimmste Sau im Stall!
Da ich täglich mit der Polizei zusammenarbeite, weiß ich, dass es natürlich Unterschiede zwischen den Gewerken gibt und am Ende jeder Einzelne zu bewerten ist. Während Kripos und Schupos entspannt bis erträglich sind wird es leider bei den Bepos schlimm. Die werden ja extra dafür rekrutiert, sich wilden Mobs gegenüber zu stellen. Die brauchen also kein Einfühlungsvermögen und haben kaum Umgang mit netten Menschen. Sie lernen, Gewalt auszuüben. Und sie sind embedded in ihrem Regiment, mit den Kameraden kaserniert. Es bildet sich somit schnell eine verschworene Gemeinschaft, in der man Aussagen und Erlebnisse der anderen nicht reflektiert. Wenn jemand einen Demonstranten verprügelt, dann hat der es verdient. Aufklärung unnötig. Die Tat ist Rechtfertigung genug. Die Polizei hat Recht. Nun trafen gewaltbereite Demonstranten auf gewaltbereite Polizisten. Wie überraschend, dass es dabei zu Gewalt kam....
AntwortenLöschenEs hätte auf jeden Fall Gewalt gegeben, da die Prügler auf beiden Seiten sich ihren Spaß nicht nehmen lassen wollten. Aber man hätte das weniger eskalieren lassen können. Mehr Demonstrationsfreiheit, mehr Toleranz gegenüber lächerlichen Kleinigkeiten wie Vermummung. Die Gewalt eskalierte erst, als man 10000 Menschen am Demonstrieren hinderte, weil ein paar Hundert vermummt waren. Das Vermummungsverbot existiert, um Gewalttäter aus den Reihen der Demonstranten bei Straftaten zu identifizieren. Solange die aber nur brav demonstrieren und skandieren, machen sie nichts kaputt. Das harte Durchsetzen des Vermummungsverbotes ist damit eine selbsterfüllende Prophezeihung, denn erst dadurch kam es zur Gewalt. Die Gewalt der Polizei traf dann auch sofort friedliche Demonstranten, als man die Schwarzen Block wegkeilen wollte. Der floh und verstreute sich und die offenbar enttäuschten Polizisten ließen ihren Frust an den übrigen Demonstranten aus. So macht man sich keine Freunde in der Bevölkerung. Der letzte Nagel im Sarg war dann das absichtliche Fernbleiben von "gefährlichen" Orten. Während also der vermummte Mob randalierend durch die Straßen zog (und sich dabei durchaus Zeit ließ), war die Polizei fern. Sie schützte Staatsgäste, indem sie friedliche Demonstranten mit viel Gewalt und allem Gerät traktierte, überließ den Banden aber die Straße und damit den Bürger und sein Eigentum sich selbst. DAS werden die Hamburger erinnern. Statt die Bürger zu schützen, trat man lieber kleinen Mädchen in den Bauch oder schlug unbewaffneten Studenten ins Gesicht. Ist ja auch viel sicherer, als sich in vollem Kriegsgeschirr mit Steine- und Böllerwerfern zu messen. DA hätten es KEINEN Aufschrei gegeben. Glaubt mir, wenn es Bilder gäbe, wo vermummte Randalierer mal hie und da die Staatsgewalt etwas stärker zu spüren bekommen, während sie IKEA anzünden oder Oma Meiers alten Volvo, würde niemand zetern und weinen. Aber da war die Polizei, und das ist das Tragische, zu FEIGE! Man hat die Gefahr für Leib und Leben von unbeteiligten und ungeschützten Bürgern hingenommen, um die Polizisten in schwerem Gerät zu schützen, deren höchste Aufgabe es ist und die exakt dafür ausgebildet und BEZAHLT werden, den Bürger, ja, auch unter Einsatz von eigener Gesundheit und Leben zu schützen.
Wenn die Polizei kneift, sobald ein Kollege verletzt werden könnte, brauchen wir die Polizei nicht. Dann reicht auch eine Gruppe von Schönwetter-Nachbarschaftshanseln und freiwilligen Verkehrsreglern. Die Polizei muss dorthin, wo es wehtut. Wo Gefahr ist. Wo Leben in Gefahr sind. Das kann dazu führen, dass sie in Ausübung ihres Dienstes Schaden nehmen. Wenn dadurch aber Schaden bei ihrem Arbeitgeber und Schutzbefohlenen (dem Bürger) abgewendet wird, ist dass nun mal genau der Part, für den man die Polizei hat. Wenn man einen bulligen Türsteher bezahlt, um die Tür zu bewachen, der das aber nur macht, wenn der Gegenüber nicht gewalttätig wird und bei Gegenwehr sofort den Posten verlässt, würde man ihn entlassen. Falsche Vorstellung von seinem Job. Such Dir was anderes!
"Die Gewalt eskalierte erst, als man 10000 Menschen am Demonstrieren hinderte, weil ein paar Hundert vermummt waren. Das Vermummungsverbot existiert, um Gewalttäter aus den Reihen der Demonstranten bei Straftaten zu identifizieren. Solange die aber nur brav demonstrieren und skandieren, machen sie nichts kaputt. Das harte Durchsetzen des Vermummungsverbotes ist damit eine selbsterfüllende Prophezeihung, denn erst dadurch kam es zur Gewalt. "
LöschenSorry, ganz falsch. Die Polizei – nach Hinweisen und wiederholten Aufforderungen an die illegal Vermummten – versuchte durch die Abtrennung des illegitimes Teils der Demonstration das Recht (!) des Großteils der Demonstrationsteilnehmer auf Demo zu schützen. Ohne Vermummte, ohne Weigerung die Vermummung abzulegen keine Gewalt (!). Nachdem die Polizei beim Versuch der Abtrennung angegriffen wurde, eskalierte es.
Nicht die Polizei ist Schuld, dass sie das Recht auf Demonstrationfreiheit der Nichtvermummten schützen wollte, nicht die Polizei ist Schuld, dass sich vermummt wurde, die Polizei ist ebenfalls nicht Schuld dass trotz Aufforderung die Vermummung nicht abgenommen wurde, und die Polizei ist auch nicht Schuld, wenn sie auf Angriffe reagiert, reagieren muss.
Serum wird ein Schuh draus!
Und das Recht und Demonstrationsrecht ist ja nun nicht beliebig oder auslegbar, es gilt das Recht einzuhalten. Dazu gehört sowohl das Vermummungsverbot (ich dachte immer, die Polizei soll und hat sich an Recht und Gesetz zu halten – das wird ihr doch ständig vorgeworfen), als auch das Recht der 90% Demoteilnehmer auf friedliche Demo (das die Polizei durchsetzen musste und wollte).
Echt jetzt?
LöschenJa Vermummung ist leider eine Straftat und keine Ordnungswidrigkeit, das ist so richtig wie unnütz.
Ja die Polizei muss Straftaten verfolgen.
Nein die Polizei hat nen Scheiß die anderen Demonstranten geschützt, dadurch, dass sie den kompletten Schwarzen Block abgetrennt hat. Und es ist einfach sowohl vom Anwältlichen Notdienst, von parlamentarischen Beobachtern, als auch von Journalisten gezeigt worden, dass der allergrößte Teil die Vermummungen abgelegt hat. Die Vermummung hat in linken Kreisen übrigens eine symbolische Bedeutung und ist absolut nicht als Vorbereitung auf eine Straftat anzusehen (vgl. z.B. die Zapatistas). Da kann man von halten was man will, ist aber nunmal so für Linke.
"Nachdem die Polizei beim Versuch der Abtrennung angegriffen wurde, eskalierte es"
Das ist super süß. Die Abtrennung war die Gewalt. Die Abtrennung war die Eskalation. Oder glaubst du sie sind panisch über die Balustrade geklettert, weil ihnen Bergsteigergene innewohnen? Oder weil sie unbedingt den Streit mit der Polizei gesucht haben?
GG Art.8 besagt friedlich und ohne Waffen. Eine Vermummung ist keine Waffe. Sie ist im Grunde sogar eigentlich nur die Gleichstellung zwischen Polizei und Bürger. Hoheitsgewalt rechtfertigt keine Vermummung der Polizei, also ist sie im Grunde auch nicht rechtens und sie ist ein Freibrief für jeden Polizisten zu tun was er/sie will, dadurch, dass man sie danach nicht strafrechtlich verfolgen kann. Kann man auch ohne Vermummung meistens nicht, aber das ist eine andere Sache.
Auf Menschen einzuprügeln, weil sie ein Stück Stoff vor der Nase haben, ist eine sehr merkwürdige Begründung.
Ich schlage dem ominösen schwarzen Block jetzt vor, das nächste mal in Burka zu demonstrieren und dann sehen wir mal wie Versammlungsfreiheit (GG Art. 8), Religionsfreiheit (GG Art. 4) und Vermummungsverbot (VersammlG Paragraph 17) miteinander zu handhaben sind.
Grundsätzlich habe ich es nicht so mit der Polizei und was bei G20 passierte war - meines Erachtens - ein temporärer Polizeiputsch.
AntwortenLöschenDieser Text (sofern er wirklich von einem Polizisten stammt) gibt mir ein wenig Vertrauen in die Staatsgewalt zurück. Wären mehr Beamten wie dieser im Einsatz gewesen, oder zumindest an Stelle des Herrn Dudde, dann wären wir nicht wieder einige Schritte Richtung Polizeistaat gewandert und der Gipfel hätte deutlich weniger Leid in Hamburg verursacht.
Besonders interessant finde ich die Anspielung auf den NSU-Fall. Ich frage mich seid den durch Polizisten blockierten Ausschuss nur noch ob ich jemals eine entnazifizierte Polzei erleben darf...
AntwortenLöschenIch bin überrascht, dass es so wenige Polizisten und Polizistinnen gibt, die den Einsatz so kritisch sehen wie Sie.
AntwortenLöschenEine Polizeiführung, die Männer und Frauen in den "Kampf" schickt, anstatt einen heiklen Einsatz klug und deeaskalierend zu begleiten sollte mit Fug und Recht aus den Reihen der Beamten hart kritisiert werden.
Wie sich nun herausstellte, waren etliche Verletzungen der Polizei zurückzuführen auf Dehydrierung und Kreislaufkollapsen, erzeugt durch 24-Stunden-Einsätze ohne Schlaf, miese Unterbringung - also schlicht einer gnadenlosen Ausbeutung der körperlichen Resourcen der Einsatzkräfte. Und das alles für den Gipfelpomp einer Kanzlerin und ihrer Despotengäste.
Komische Polizistenfreunde (Bosbach, BILD und Co) sind das, die so ein Verheizen von Polizeikräften gutheißen.
Ich bin echt erleichtert das es wirklich Personal bei der Wortmarke POLIZEI gibt die man noch ernst nehmen kann weil sie sich ihrem Job mit Leib und Seele hingeben und auch überzeugt Davon sind warum sie zur Polizei gegangen sind.Die noch ihr eigenes Hirn benutzen und nicht nur stur den Befehl ausführen der von oben kommt.Ich bin mir sicher es gibt einige Kollegen denen sie mit ihrem Text aus der Seele sprechen.Aber es gibt leider auch nicht wenige für die das halt nur ein Job ist und die sich einfach nur damit sie ihre Ruhe haben und die Rate vom Häuschen bezahlt ist an die Dienst Anweisung halten ohne zu überlegen ob das in dem Moment richtig oder falsch ist wie sie handeln.Ich bin auf einigen Demos gewesen nur um mir mal selber mal die Frage zu beantworten ob die Polizei das eigene Volk niederknüppeln würde.Sämtliche Gruppen in sozialen Netzwerken die sich zb. "Bundespolizei"nennen braucht man nicht zu besuchen wenn man wissen will wieder Stimmung da ist oder was einen erwarten wird wenn mal andere Debatten anstehen als ein g20 Gipfel.Komplett unterwandert diese Foren.Wer immer diese Zeilen geschrieben hat ,meine Hochachtung und grossen Respekt ganz ehrlich.alleine solche Zeilen zu lesen weckt in mir wieder ein Fünkchen Hoffnung das diese Geschichte für uns "DEUTSCH" doch nicht direkt ins Verderben führt.
AntwortenLöschenDanke sagt Saskia aus Halle an der Saale
"Schon vor Gipfelbeginn und Eintreffen der meisten Protestler und polizeilichen Unterstützungskräfte hat die Hamburger Polizeiführung Fakten geschaffen und hat einen konfrontativen Kurs eingeschlagen."
AntwortenLöschenDies gründet sich auf welche Fakten/Beobachtungen?
Tatsächlich stellt sich mir hier aber eine Frage.
AntwortenLöschenIch beschäftige mich aufgrund persönlicher Empörung und akademischen Forschungsdrang mit der Gewalt (beider Seiten) in Hamburg. Ich lese diese Art von Statement von Polizisten jetzt zum x-ten Mal. Eine Menge Polizisten finden viele Kritikpunkte.
Aber ihr habt es getan.
Ihr habt eure prügelnden Kollegen nicht aus dem Weg geräumt. Weder währenddessen noch danach. Ihr habt mit geprügelt, oder es zumindest unterstützt und das auch absolut nicht zum ersten Mal. Ich erinnere die BePo auch gerne an Stuttgart 21 und die von euch verprügelten Schüler und Senioren. Es war nicht Hamburg, dass unser Vertrauen in die Exekutive zutiefst getrübt hat...
Ich hab ein paar Freunde bei der Polizei und mir ist euer schon fast märtyrerischer Corpsgeist wohlbekannt.
Aber warum habt ihr uns nicht beschützt? Warum führt ihr Befehle aus, die nicht zu rechtfertigen sind? Freut mich, dass ihr euch im Nachhinein dafür schämt (zumindest solltet ihr das) aber ihr habt blind Befehlen gehorcht, die ganz klar das Grundgesetzt unterwandern, auf das ihr Geschworen habt; dem ihr verpflichtet seid.
Das muss aufgearbeitet werden, es muss eine unabhängige Institution geben die sich mit derlei Fehlverhalten beschäftigt und verdammte Axt ihr müsst auch endlich mal zur Rechenschaft gezogen werden. Kaum 3% aller Anklagen kommen vor Gericht, weil ihr euch ständig gegenseitig deckt.
Das Problem sind nicht nur die Politiker und einzelne Polizisten. Ich sehe ein gigantisches Problem in eurem Selbstverständnis und in den Strukturen die ihr (und zwar ihr alle einzeln) mit aufgebaut habt.
Dank und Respekt an den ehrlichen, verantwortungsvollen und mutigen Autor!
AntwortenLöschenUnglaublich und bitter, dass man sowas extra sagt, und dass nicht „einfach ganz normal“ ist so zu schreiben und zu denken wie Sie...
Das hier in den Kommentaren geäußerte Maß an Erleichterung darüber, dass es “ noch Menschen wie Sie in der Polizei gibt“ zeigt, wie weit der Vertrauensbruch schon ist. Und solange die Polizeileitung und die Mehrheit der Polizisten nicht aus solchen Menschen wie Sie besteht und genauso verantwortlich und ehrlich denkt und auch danach handelt, ist das Problem nicht lösbar. Das wird nur geschehen, wenn die Polizei einerseits wirklich demokratisch kontrolliert wird, und andererseits die Ausbidung und der Dienstgeist der Polizei sich auf einen echten „staatlichen Dienst für die Bevölkerung“ verpflichtet, statt sich als einen „Dienst für den Staat, u.U. auch gegen die Bevölkerung“ zu verstehen.
Dafür müssen aber ganz umfassende Reformen her und ein internes Kontrollsystem, das undemokratisches und unethisches polizeiliches Verhalten strengstens sanktioniert. Denn mit welchem Recht sollten Polizisten, die einem solchen nicht standhalten, eine demokratische Staatsverfassung verteidigen dürfen?
Habe ich als ehemaliger ..... nicht anders erwartet - einfach mal Verstand einschalten und ein wenig Nachdenken (NDS.de) !
AntwortenLöschenLeider wird die Masse im September wieder bei den gleichen Metzgern ("mehr Polizei weniger Einbrüche"- cdunrw) ihr Kreuzchen machen.
Wie funktioniert unsere Gesellschaft? Wer sich nicht an Regeln hält muss im Sinne des Gemeinwohls und unserer Rechtsordnung mit Konsequenzen rechnen.Im SED-Staat wäre vermutlich alles mit Panzern niedergetreckert worden - ohne Ankündigung. Allen Zweiflern würde ich empfehlen: das nächste Mal nimmt jeder einen Vermummten Krawallmacher mit nach Hause und übernimmt persönlich die Verantwortung für alles, was dieser so anstellt.
AntwortenLöschenVielen Dank für diesen unglaublich Symphatischen, angenehm zu lesenden Artikel.
AntwortenLöschenSchön zu lesen, dass es Polizeibeamte wie sie gibt.
Ich wünsche ihnen alles nur erdenklich gute, ihr Artikel hat mir mal wieder gezeigt, dass es nicht nur Idioten auf dieser Welt gibt.
Danke !
Kommentar Teil 1
AntwortenLöschenVielen Dank für die diffenrenzierte Betrachtung, die sich wohltuend von anderen Äußerungen abhebt.
Ich habe das Geschehen aus Hamburg nur aus großer Ferne über die Medienkanäle verfolgen können. Insgesamt bin ich entsetzt, und zwar über eine Reihe von Dingen, die ich so mitverfolgen musste:
- die Dummheit und Ignoranz der Mächtigen, eine solche Veranstaltung in unmittelbarer Nähe zum Schanzenviertel und der bekannten autonomen Szene dort zu veranstalten. (Ich muss jedenfalls annehmen, dass es sich um Ignoranz handelt, denn sonst bliebe nur Vorsatz.) Es gab im Vorfeld wohl entsprechende Warnhinweise, dass das keine gute Idee ist, auch aus Reihen der Polizei. Dass es im Rahmen von solchen und ähnlichen Veranstaltungen zu Krawallen kommt, ist ja auch wenig überraschend, wenn man sich vergangene Gipfel ansieht.
- die unzulänglichen Vorbereitungen, die offenbar nur darauf abzielten, es den hohen Gästen angenehm zu machen. Die Polizisten waren teils in Containerdörfern untergebracht, und die Logistik während des Einsatzes hat offenbar nicht funktioniert. Überraschung: Im Juli kann es auch in Hamburg heiß werden. Unter der ganzen Schutzausrüstung schwitzt man, vor allem bei körperlicher Betätigung. Da ist das Mindeste eine funktionierende Versorgung mit Getränken, und wenn es nur Mineralwasser vom Discounter ist. Aber wenn nicht mal das klappt... Es wundert mich nur, dass nicht mehr Polizisten zusammengeklappt sind.
- die dämliche Ansage, man werde alles an "Einsatzmitteln" (vulgo: Kampfausrüstung) auffahren, was die Polizei zu bieten hat. Das ist eine Kampfansage, und vom späteren Gegner auch so verstanden worden. Ich sehe hier mit Grausen eine Militarisierung der Polizei wie in den USA, und wo das dort hingeführt hat, war ja oft genug zu sehen. Mit solchen Ansagen schürt man die Eskalation. Und leider ist es ja auch so: was man hat, wird auch eingesetzt.
- Die (soweit das in den Medien zutreffend dargestellt wurde) dämliche Entscheidung, den Schwarzen Block bzw. die vermummten an einer Stelle aus der Demonstration drängen zu wollen, an der das rein physisch nicht möglich war, und damit die Demo insgesamt - nolens volens - komplett zu negieren, weil sie gar nicht weiterziehen konnte. Die Strafbarkeit der Vermummung scheint mir immer mehr als Begründung herzuhalten, um eine Demonstration nach Belieben auflösen zu können. Die Begründung, von den Vermummten gingen erfahrungsgemäß Straftaten aus, halte ich für juristisch bedenklich, weil damit die Unschuldsvermutung über Bord geworfen wird.
Kommentar Teil 2
AntwortenLöschen- Die Brutalität und ziellose Zerstörungswut der Randalierer im Schanzenviertel. Diese Menschen waren für mich keine Demonstranten, sondern Chaoten, Randalierer und wohl auch einige Mitläufer, und ein paar A-l...., die die Gelegenheit zum Plündern genutzt haben.
- Die zahlreichen Falschmeldungen über Angriffe auf Polizisten, die offenbar gezielt lanciert wurden, um jegliches legitimes Anliegen der Demonstranten zu diskreditieren bzw. diese mit den Randalierern in einen Topf zu werfen.
- die in Wort, Bild und Film festgehaltenen Übergriffe der Polizei. Ja, es gab sie. Dies zu leugnen oder das Erwähnen gar als Angriff auf die Polizei umzudeuten, ist fehl am Platze und zeugt von einer Nibelungentreue, die hier keinen Platz hat. Andererseits ist keineswegs jeder Polizist übergriffig und brutal, ich denke, es sind wenige. Ein Problem ist es trotzdem, vor allem, wenn es geleugnet und damit faktisch legitimiert wird.
- Der von einigen Personen, auch Anwälten, geschilderte Umgang mit Personen, die zwischenzeitlich in Gewahrsam genommen wurden. Hierbei gab es anscheinend einzelne Vorfälle, die gemäß den Schilderungen menschenrechtswidrig waren, so sei eine Demonstrantin gezwungen worden, sich ein neues Tampon im Beisein von Beamtinnen einzuführen (immerhin keine Beamten). Ob das stimmt, weiß ich nicht. Ich muss aber leider sagen, dass ich es mir vorstellen kann.
- die widerwärtigen Aussagen in der Presse, Privatpersonen und Politikern, die die Randalierer als schlimmste Verbrecher dargestellt haben, und völlig unangemessene Vergleiche gezogen haben. Das war kein Terror, bittesehr. Fragt mal die Hinterbliebenen von Nizza oder vom Bataclan, was Terror ist. Auch Vergleiche zu historischen Unrechtsregimes verbieten sich hier, davon ist das weit entfernt. Aber das ist wohl typisch deutsch: wenn tausende im Mittelmeer ersaufen, sind wir ungerührt - aber wehe, ein Auto wird abgefackelt! (wobei, das regt die menschen auch nur im Rahmen des G20 auf - wenn es Nazis in Berlin machen und damit gezielt Personen angreifen, ist das offenbar ok...)
- die Aussagen in Presse und Politik, die jetzt alles rechtfertigen und schönreden und mit dem Finger auf die Demonstrationen zeigen. Allen voran natürlich Presse und Politik aus dem konservativen und reaktionärem Lager, von SPD bis AfD und von Welt bis Bild.
- diese widerwärtige Form dieses Schaulaufens der Mächtigen, bei dem der einfache Bürger nicht oder nur am Rande erfährt, was damit politisch eigentlich erreicht wird, wenn es denn überhaupt Erfolge gibt.
- und nicht zuletzt die Unverschämtheit der Politik, diese Ablenkung zum Erlass von Gesetzen zu nutzen, die die Freiheitsrechte weiter erodieren.
Genug geschimpft. Nochmals danke für die deutlichen Worte. Es gab auch irgendwo einen wütenden Brief eines Polizisten im Vorfeld des G20, der wäre es auch wert, noch einmal gelesen zu werden.
Leider muss ich für mich feststellen, dass der G20 mein Vertrauen in Politik und Polizei noch weiter geschädigt hat. Ihr Artikel hier hat das auf einer individuellen Ebene etwas verbessert, was die Polizei angeht.
Danke für den wunderbaren Artikel! Ich hoffe, es wird von allen Seiten gelesen.
AntwortenLöschenUnd noch etwas: Ich stelle mich gern für die Orga für euer Leib und Wohl zur Verfügung. Bin Veranstaltungsmanager und auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Das wäre eine! Und ich weiß, ihr würdet nicht nur von Schokoriegeln zehren. :)
Welche polizeitaktischen Fehler wurden denn nun konkret gemacht? Und wie hätte man es taktisch besser machen können? Wie soll man Barrikaden "friedlich" räumen? Wie sollte man brennende Autos, Steinhagel, Plünderungen taktisch schlau verhindern? Mir fällt leider nichts ein.
AntwortenLöschenAls friedliche Demonstrantin, die lediglich ihre Grundrechte wahrgenommen hat, zucke ich immer noch zusammen, wenn ich Polizeisirenen oder Hubschrauber höre. Es hinterlässt einfach kein gutes Gefühl und im Moment in keinsterweise ein Gefühl der Sicherheit. Ich glaube, damit bin ich nicht alleine.
AntwortenLöschenFür mich gab es zwei Schwarze Blöcke bei den Demonstrationen - beide vermummt, aber einer davon war staatlich legitimiert. Ich will die sinnlose Sachbeschädigung, die Plünderungen und Steinwürfe nicht gut heißen ebenso wenig wie den nicht notwendigen Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz, die teilweise aggressive Grundeinstellung, die Drohhaltungen und Körperverletzung durch einzelne Beamte und auch Beamtengruppen. Ich denke, unter den eingesetzten Beamten gab es wahrscheinlich viele, die schockiert über ihre Kollegen waren.
Das es keine friedlichen Demonstrationen geben wird, war im Vorfeld schon klar. Die testosterongesteuerten Drohgebärden von Dudde im Vorfeld, der in Kleinkindmanier nicht müde wurde über sein Spielzeug zu erzählen und schon mal global alle Demonstranten zu schwarzen Monstern erklärte, sorgte für keine deeskalierende Stimmung. Das zeigte sich in der ganzen G20-Woche.
Paradox auch, dass sich Deutschland immer als Vertreter der Meinungsfreiheit und Grundrechte sieht, mit Putin, Xi Jinping und Erdogan aber zusammensitzt und dazu jetzt schweigt, wenn es draußen abgeht wie bei den Gezi-Protesten auf dem Taksim-Platz, wo es auch um Grundrechte wie Demonstrationsrecht, Versammlungsfreiheit etc. ging. Da hört sich in der Elphi doch die "Ode an die Freude" gleich noch viel besser an.
Du merkst, ich bin mit dem Thema noch nicht wirklich durch. Umsomehr freut mich hier dein Beitrag, den ich für eines der besten Statements halte, die ich bislang gelesen habe. Danke dafür.
Ein sehr interessanter Text, und überdies ausgewogen.
AntwortenLöschenPersönlich verstehe ich die "harte Linie" nicht - man muss dieses Experiment gar nicht mehr in Deutschland durchführen, es ist doch schon in vielen anderen Ländern gemacht worden.
Dir und deinen Kollegen wünsche ich für die Zukunft friedliche, besser geplante und "erfolgreiche" Einsätze. Und dass euch die Wertschätzung sowohl von Kollegen- als auch von Bürgerseite entgegengebracht wird, die einem Vermittler zusteht.
Habe diese Seite mit folgendem Text bei mir auf FB verlinkt:
AntwortenLöschenOlga Masur
July 22 at 5:27pm •
Respekt und Daaanke!
Und gleichwohl die Frage: Warum haben nicht die PolizistInnen, die das Camp rechswidrig geräumt haben, stattdessen eine SMS an Budde geschickt: "Zuerst das Urteil, dann ggf. die Räumung. Siehe Grundgesetz."
Soweit ich weiß, gab es hier keine Befehlsverweigerung, die selbstverständlich als zurecht beschieden worden wäre.
Eine katastrophale Führung ist das eine, aber staatsbürgerferner Gehorsam ist das andere.