Mittwoch, 27. Januar 2016

Lügenpresse? Bullshit...!

Heute könnte einem wieder mal echt der Hut hochgehen!
Die Schande Berlins, ach ganz Deutschlands - das LAGeSo mitten in der Hauptstadt eines der reichsten und wohlhabendsten Länder dieser Welt - hat wieder einmal Schlagzeilen gemacht.
Ein toter syrischer Asylsuchender, der trotz seines jungen Alters die vielen Nächte in der feuchten Kälte vor diesem Amt des Grauens nicht mehr verkraften konnte und verstarb. Ein echter Aufschrei ging heute durch die Medienlandschaft. Twitter kochte. Der restliche Onlinejournalismus brodelte. Aktivisten standen kurz vor der Explosion. Köpfe wurden gefordert.
Und das Ergebnis? Alles nicht wahr!
Das Ganze erinnert an Silvester 2015 in Köln? Oder vielmehr an die unterirdische Medienarbeit von Polizei, Verwaltung und Politik zu Neujahr und die Tage drauf?
Ja, klar. Denn die Ursache ist dieselbe.

Ich wurde in den vergangenen Monaten beim Begleiten von Demonstrationen und Aufzügen selbst schon von Menschen, die ich jahrelang kenne und zu schätzen wusste, auf die dubiose Situation der Medien angesprochen. "Man kann nichts mehr glauben. Nirgendwo kann man sich objektiv informieren!".
Warum bitte wird dann aber immer gern der größte Scheiß geglaubt, nur weil es gerade zur eigenen Stimmung passt und man gewiss sein kann, dass genug Knallbirnen mit großem Aufschrei mit auf den Zug springen?

Gleiches Ding bei der mutmaßlichen Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens, nachdem diese von mehreren Asylsuchenden entführt worden sein sollte. Nur ist nach den bisherigen Ermittlungen wohl nichts dran an der Sache, wie die Polizei und Staatsanwaltschaft in Pressemeldungen und den sozialen Netzwerken berichten.
Es ist auch kein Geheimnis, dass viele Menschen Legenden erfinden, um selbst Dinge zu vertuschen oder auch nur, um einmal im Fokus zu stehen, wichtig zu sein.
Ein vollkommen normales Ermittlungsergebnis, wie so häufig? Falsch gedacht. Denn wir haben ja gerade die große "Krise" im Land, in Europa. Da sind Schuldige schnell gefunden und die Wahrheit ebenso fix vergessen. Und ja, da ist ja noch ein Bezug zum großen Russland, dessen Außenminister sich nun nicht einmal zu schade war, in die Berliner Lokalpolitik einzugreifen und die Polizei Berlin heftig zu kritisieren. Nicht nur, dass es ein wohl einmaliger Vorfall ist. Nein, es ist allzu durchsichtig, dass hier gern von eigenen innen- und außenpolitischen Problemen abgelenkt werden soll. Außerdem schön, dass man nach der Sanktionskeule der Europäer nun mal zurückpöbeln kann, russisches Staatsfernsehen hierbei mit der Kamera im Anschlag...


Egal wohin man die Tage also guckt: Überall werden von verschiedensten Stellen und Menschen Meinungen offiziell gefärbt, vorschnell veröffentlicht und entwickeln im Jahr 2016 dank der vorhandenen Werkzeuge gern mal eine Viralität, die sich selbst Virenforscher vor einigen Jahren wohl noch nicht haben denken können.

Ist also die Presse eine Lügenpresse? Allein das Wort ist schon eine Frechheit. Die Antwort lautet natürlich nein. Bedenkt man, welche Macht, welchen Marktwert auf dem Basar der Meinungen auch noch so blasse Durchschnittsmenschen, Kommunalpolitiker, Comedians und erst recht begnadete Trolle, gern auch mal von Institutionen gezielt in die Spur geschickt, dank sozialer Netzwerke haben. Die Presse hat also eher ein Behauptungsproblem.
Der Boulevard, den ich seit meiner frühen Jugend eher skeptisch beäuge, spielt natürlich gern mal mit dem Feuer, sprich mit populistischer und teils gefährlicher Gratwanderung in der Berichterstattung. Effektheischend und reißerisch muss eben sein, das war schon vor 100 Jahren so. Aber im Großen und Ganzen kann der seriösen Presse kein wirklicher Vorwurf gemacht werden. Außer eben, sich vom Freizeitjournalisten mit dem Smartphone in der Hand die Butter vom Brot nehmen zu lassen.


Die Balance zwischen gehetzt-unmittelbarem, dafür auch fehleranfälligem Effektfeuerwerk einerseits und unaufgeregter, manchmal träger und unbestechlich-sachlicher Berichterstattung andererseits wird das Qualitätsindiz künftiger journalistischer Bemühungen in unserem Land sein.
Und alle Aktivisten, Politiker und Funktioner jedweder Verbände: ihr tätet gut daran, euch ebenso dahingehend zu orientieren.
So, und ich denke nur so, können wir den neuen selbsternannten Hütern der Meinungshoheit von Pegida (samt allen Blödgida-Ablegern), AfD und allen Trittbrettfahrern und politischen Brandstiftern ihren künftigen Erfolg streitig machen.


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