Ich verrate jetzt nicht gerade ein Geheimnis, wenn ich mich als ein Kritiker derjenigen betrachte, die vornehmlich die mutmaßlich desaströsen Zustände bei der deutschen Polizei bemängeln und daraus teilweise sogar ein Kippen der Gesellschaft ableiten.
Der hierbei am lautesten klagende Rainer Wendt, häufig als Referenz bei journalistischen Werken zum Thema Polizei herangezogen, traf nun im TV-Talk Maischberger (ARD) tatsächlich einmal auf jemanden, der ihm ordentlich Paroli bieten kann: Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof und ZEIT-Kolumnist zu Rechtsthemen. Soviel zum Fachlichen. Dass er kein ausgemachter Freund des DPolG-Chefs Wendt ist, kam nicht zuletzt bei der Rezension dessen Buchs zum Vorschein, welches vom Richter regelrecht zerrissen wurde.
Das Thema bei Maischberger: "Polizisten - Prügelknaben der Nation?"
Ein Thema wie für Rainer Wendt gemacht. Personalstärke, Überstunden, Respekt und Wertschätzung waren als Klagepunkt oder Forderung wieder einmal angesagt. Das wusste jeder Kenner bereits vor der ersten Sendesekunde. Interessant war diesmal, was passieren würde, wenn diese Forderungen auf Fakten treffen. Also wenn andere Talkgäste nicht ehrfürchtig vor dem mutmaßlichen Experten einknicken und ihm seine oft alternativen Fakten unerwidert in den Raum schießen lassen.
Der SPD-Politiker Christopher Lauer (von mir sehr geschätzt, da er in seiner fünfjährigen Zeit als Piraten-Abgeordneter im Berliner Parlament nicht nur eine Menge Fachwissen offenbarte, sondern vor allem den "Mächtigen" à la Frank Henkel und Tom Schreiber - zurecht - ordentlich in die Parade fuhr) war ebenso mit eingeladen und bildete zusammen mit Fischer das Gegengewicht zu der Wendt befürwortenden Seite. Diese bestand einerseits aus einem ehemaligen Polizisten, der (wie Rainer Wendt oder auch Tania Kambouri) ein Buch über seine dienstlichen Erlebnisse schrieb sowie aus einer Hamburger Hauptkommissarin. Letztgenannte fiel meines Erachtens zwar weitestgehend angenehm von ihrer Art her auf, inhaltlich war sie jedoch voll auf Wendts DPolG-Linie. Ohne große Mühe lässt sich im Internet dann auch feststellen, dass sie die Ehefrau des Hamburger DPolG-Chefs ist, der als Vize-Bundesvorsitzender auch Stellvertreter von Wendt ist. So viel also zur Ausgewogenheit der redaktionellen Gästewahl. Aber nun gut.
Christopher Lauer |
Ich habe die Diskussionen, die oftmals sehr polyvalent um verschiedenste Themen kreisten und nicht immer zum Titel der Sendung passen mochten, so erlebt, dass die polizeiliche Seite einzelne Geschichten aus dem Alltag von Schutzleuten hernimmt, um aus ihnen eine Allgemeinverbindlichkeit abzuleiten. Demnach geht es den Polizist*innen schlecht. Das einzige, wovon die genügend bekämen, sei Widerstand, Geringschätzung und Hass.
Das ist jedoch in aller Regel nicht durch (eben!) Fakten belegbar und auch Statistiken sprechen eher eine andere Sprache.
Das ist jedoch in aller Regel nicht durch (eben!) Fakten belegbar und auch Statistiken sprechen eher eine andere Sprache.
Wer Thomas Fischer als hungriges und leicht erzürnbares Raubtier erwartet hat (naja, ich zum Beispiel...), wurde enttäuscht. Zwar trug er brav Fakten vor und zeigte sich irritiert, dass die Diskussion teils anhand emotional betonter Einzelfälle in eine andere Richtung gedrückt werden sollte, aber eine Kopfwaschung des Rainer Wendt oder gar ein "Filetieren" des DPolG-Vorsitzenden (Christopher Lauer vor der Sendung) fand nicht statt.
Andererseits habe ich Herrn Wendt auch selten zuvor derart defensiv erlebt. Ich denke, er hatte - nicht zuletzt durch den beschriebenen Verriss seines Buchs durch den hochdekorierten Juristen - ordentlich Respekt und war nicht auf Konfrontation aus. Das habe ich zuletzt in einem Streitgespräch zwischen Wendt und Özcan Mutlu auf ZDF neo erlebt.
Thomas Fischer und Rainer Wendt |
Persönliches Fazit der Sendung:
Rainer Wendt kann sich durchaus benehmen und verbal zurückhalten, sofern man ihm die Grenzen aufzeigt (was am besten mit objektiver Faktenschau gelingt).
Thomas Fischer ist ein brillanter Kopf, vermag dies aber vornehmlich in seiner Rechtskolumne in der ZEIT so darzustellen.
Christopher Lauer ist erfrischend frech und lässt sich ungern Unfug vormachen. So gesehen war er von der Bissigkeit her Wendts eigentlicher Gegenpol.
Die zusätzlich eingeladenen Polizisten sowie die Blumenhändlerin als Mehrfachgeschädigte sagten viele Dinge, die durchaus gesagt werden dürfen. Aber vielleicht nicht gerade eine Gültigkeit in einer Diskussion über die Lage der deutschen Sicherheitsarchitektur entfalten können. So gesehen waren es Sidekicks, damit Frau Maischberger mit den Alphamännern nicht gänzlich allein vor der Kamera sitzen musste.
Leider wird wohl auch in Zukunft von Menschen wie Rainer Wendt und Co. durch undifferenzierte Beiträge eine Kriminalitätsfurcht befeuert, die keinesfalls real ist. Wir leben gut und sehr sicher in Deutschland. So sicher wie nie zuvor. Trotz all der schwierigen Umstände der heutigen Zeit (aufkommender Nationalismus, Gefüchtetensituation usw.).
Eine recht gute Rückschau auf die Sendung kann auch bei der Berliner Morgenpost nachgelesen werden.
Und wer Bock auf empörte Stimmen hat, die Fischer und Lauer beschimpfen und die ausbleibende Anerkennung der Polizisten und ihres "Höllenjobs" bemängeln... klar: der wird fündig auf Twitter und Facebook. Viel Vergnügen.
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