Mittwoch, 2. Dezember 2015

Geflüchtete im Fokus. Warum ich wieder einmal über die GdP schreiben muss...

Als ich damals als Anwärter meinen ersten Polizeidienstausweis überreicht bekam, war ich stolz. Und hatte erst einmal andere Gedanken, als mich um Gewerkschaften zu kümmern.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nutzte diese Aufmerksamkeitslücke geschickt aus und baute an allen neuralgischen Orten, wo wir Flachzangen mit den weißen Ausweisen rumliefen, Stände auf: Die gewinnbringende Mitgliedschaft in der größten deutschen Polizeigewerkschaft gab es dort, nur eine Unterschrift weit entfernt! Dazu schöne Geschenke, wie eine damals sehr begehrte große Maglite-Taschenlampe. Und wer schlau war, schleppte schnell einen neuen Mit-Azubi an den Stand, denn für jeden Geworbenen gab es gleich noch eine Maglite!

Einige Wochen später war mir dann doch wichtig, zumindest die ungefähre politische Ausrichtung der GdP auszuloten. Internet gab es ja noch nicht als Recherche-Massenmedium. Meine Erkundigungen ließen mich dann aber aufatmen, galt die GdP doch noch eher als die Linke unter den drei großen Platzhirschen BdK, DPolG und GdP.

Mir geht es jetzt und heute auch nicht um GdP-Bashing. 17 Jahre war ich Mitglied und auch recht zufrieden, bis ich im Frühjahr aus bekanntem Grund meinen Austritt erklärte.

Warum ich nun jedoch wieder zur virtuellen Feder in Sachen GdP greife, hat einen einfachen Grund: Die in den letzten Wochen und Monaten immer unsäglicher gewordene Debatte um die "Flüchtlingskrise" (allein dieses Wort schon...) wird natürlich und auch insbesondere auf Polizeidienststellen geführt. Inhaltlich äußere ich mich dazu nicht, um Ärger zu vermeiden. Was mich aber sehr (ver-)stört, sind die zuletzt wieder zunehmenden Äußerungen der Bezirksgruppe der GdP in der Berliner Polizeidirektion 4. Auf Twitter betreibt man seit geraumer Zeit gern Microblogging unter dem Useraccount @GdP_Dir4. Dieser Account wurde meines Wissens übrigens umbenannt, zuvor hieß er @FeldmannSteve. Dämmert da was...?
Eigentlich dürfte somit nicht verwundern, welche Geisteshaltung dort ab und an durchblitzt. Richtig sauer war ich aber am vergangenen Sonntag. Nur kurz nach den ersten Meldungen über die Vorfälle in der Flüchtlingsnotunterkunft am alten Tempelhofer Flughafen war ich doch sehr erstaunt, als nur wenige Augenblicke später folgendes Statement auf Twitter zu lesen war:


Mal ehrlich: Wie sollte diese Erkenntnis derart schnell auf normalem Wege dem GdP-Twitterer zur Kenntnis gelangt sein, sodass er es direkt weltweit twittern kann? Aber was noch viel schlimmer ist: Wie professionell ist es, solch eine Meldung in Rekordzeit, völlig unreflektiert und vor allem ohne Verifizierung rauszuhauen?
Um es abzukürzen: Die Meldung stellte sich als Falschmeldung heraus. Keine Messer. Keine Stangen. Selbst der Auslöser des Vorfalls wird mittlerweile komplett anders dargestellt von Quellen, die vor Ort waren.
Weh tut dabei, dass mangels eigener Fühlung zum Geschehen diverse Pressevertreter die Meldung der GdP völlig ungefiltert aufnahmen und weiterleiteten (Retweet), zum Teil an zehn- und hunderttausende Follower. Dies waren nicht nur einzelne Kriminalreporter unserer Stadt, sondern auch die Hauptaccounts verschiedener Leitmedien (Print und Rundfunk).
Es überrascht somit auch nicht, dass am Abend der Twitter-Kosmos übervoll war von Kommentierungen à la "Die Merkel muss sich nun bei jedem einzelnen Berliner Polizisten für ihren Mist entschuldigen!". Forderungen nach sofortiger Abschiebung der "kriminellen Flüchtlinge" einer bestimmten Partei haben dies natürlich ergänzt. Mehrere hundert solcher Übelkeit erzeugender Kommentare habe ich gelesen, dann konnte ich nicht mehr.

Wie kann es sein, dass eine Polizeigewerkschaft, die vorgibt, Sprachrohr der deutschen Polizistinnen und Polizisten zu sein, derartig gefährliche Statements verbreitet? In Zeiten des Hatespeech wurden den populistischen Vollpfosten somit Benzinfass und Streichhölzer überreicht, damit sie ihr perfides Spiel im Netz fortsetzen können - unter Bezug auf die vermeintlich unfehlbare (Gewerkschaft der) Polizei.


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